Zu den kaum vom Tourismus entdeckten Landstrichen im Norden von Bayern gehört der Naturpark Haßberge (auch Hassberge geschrieben) im Südosten von Unterfranken. Bei Naturliebhabern ist er schon lange ein Geheimtipp für ausgiebige Wanderungen in abwechslungsreicher Natur und Ausflüge ins sagenumwobene Mittelalter, denn kaum irgendwo in Deutschland gibt es eine so hohe Dichte an Schlösser, Burgen und Ruinen wie hier. Perfekt für einen Ausflug oder – besser noch – einen ganzen Urlaub in der Region.
Vielfalt und kleine Ökosysteme: Naturpark Haßberge
Zwischen der Stadt Haßfurt, der Grenze nach Thüringen im Norden und Bamberg im Osten erstreckt sich der Naturpark Haßberge. Mit rund 80.000 Hektar gehört der Naturpark eher zu den kleineren Schutzgebieten in Bayern. Ganze vier Landkreise haben Anteil an dem Gebiet: der Landkreis Haßberge, Schweinfurt, Bamberg und Rhön-Grabfeld.
Charakteristisch für den Naturpark ist seine kleinteilige Landschaftsstruktur. Artenreiche Mischwälder, wiesenreiche Täler, sonnige Weinberge und wertvolle Streuobstwiesen gehören zu den Biotopen, die vielen seltenen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum bieten.
Die Baunach
Die Lebensader im Naturpark Haßberge ist die Baunach. Die Baunach entspringt im Sulzfelder Forst im Süden des Landkreises Rhön-Grabfeld und schlängelt sich in südwestliche Richtung durch den Naturpark, bis sie nach 54 km bei Baunach in den Main mündet. Schon seit Jahrhunderten nutzen die Menschen den Fluss und haben ihn schon früh an ihre Bedürfnisse angepasst. Unzählige Fischteiche werden auch heute noch mit dem Wasser der Baunach gefüllt, lange Zeit ihr Wasser zu Mühlen umgeleitet.
Zwar haben die Menschen stark in den Flussverlauf eingegriffen, trotzdem ist die Baunach noch in großen Teilen ungezämt. In dem sauerstoffreichen, klaren Wasser fühlen sich Flusskrebse, Muscheln und Libellenlarven wohl. Auch Biber sind am Flußlauf immer wieder zu finden. Nahe der Mündung säumen Überschwemmungsgebiete und Feuchtwiesen die Baunach.
Geschichte
Bereits vor 10.000 Jahren gab es erste Siedler im heutigen Landkreis Haßberge. Auf dem Knetzberg südlich von Haßfurth konnte man einige keltische Orte nachweisen. Später gehörten große Teile der Region zum damaligen Hochstift Würzburg, ein kleinerer zum Hochstift Bamberg. Mittendrin tummelten sich um die Stadt Königsburg das reichsritterschaftliche Fürstentum Sachsen-Coburg, das seine Herrschaft bis ins frühe 20. Jahrhundert halten konnte.
Laubmischwälder im Naturpark
Die Wälder im Naturpark Haßberge sind sehr abwechslungsreich. Häufigste Baumart ist die Buche, an den trockenen Hängen dominieren Kiefern. In den feuchteren Tälern trifft man auf Erlen. Dazwischen immer wieder stattliche Eichen. Durch seine Größe an zusammenhängendem Wald sticht vor allem der Bundorfer Forst im Quellgebiet der Baunach heraus. Er ist Heimat für Rotwild und Raubtiere wie Wildkatze, Luchs und Wolf. Auf dem feuchten Waldboden duften Bärlauch und Waldmeister im Frühjahr um die Wette.
Der Superheld des Waldes
Das mit Abstand größte Lebewesen im Wald ist die meiste Zeit des Jahres für unsere Augen unsichtbar im Waldboden versteckt. Vom Waldpilz sehen und sammeln wir lediglich die Fruchtkörper. Doch der größte Teil, das oft kilometerlange Myzel, bleibt verborgen und ist dennoch der geheime Superheld des Waldes. Die versteckten Stränge dienen nicht nur dem Nährstoffhandel, sondern auch der Kommunikation.
Bäume und Waldpilze leben in Symbiose. Pilze können selbst keinen Zucker produzieren und ernähren sich zum Teil von den süßen Säften der Bäume. Im Gegenzug bindet der Pilz Wasser und Nährstoffe im Boden, die wiederum den Bäumen zugutekommen. Eine Win-Win-Situation für alle.
Deutscher Burgenwinkel – Das Land der Burgen, Schlösser und Ruinen
Die Burgengeschichte im Städtedreieck Schweinfurt, Coburg und Bamberg begann, als das Bistum Bamberg 1007 gegründet wurde. Als Konkurrent zum benachbarten Bistum Würzburg gab es plötzlich so manch einen Anlass zur Streiterei, Zerwürfnis und Intrige. Die beiden Bistümer sowie eigenständige Herrschaftsfamilien sorgten dafür, dass in kürzester Zeit immer neue Wehrbauten entstanden. Und so kam es, dass ab dem 12. Jahrhundert unzählige Burgen die Gipfel der sanften Hügellandschaft in den Haßbergen säumten.
Viele von ihnen sind inzwischen zu Ruinen verfallen. Aber dank der Initiativen der Gemeinden und Landkreise heute wieder in einem bemerkenswert guten Zustand. Perfekte Ausflugsziele für alle, die gerne Burgfräulein und Ritter spielen oder sich einfach vom Flair des Mittelalters verzaubern lassen möchten.
Burgruine Altenstein
Gut 150 m oberhalb des Weissachtals thront eine der schönsten Burgruinen der Haßberge, die Ruine Altenstein im gleichnamigen Ort. Im 12. Jahrhundert errichtet war sie jahrhundertelang der Stammsitz der Herren von Stein. Um 1900 kam sie dann an die Freiherren von Rotenhan, bis sie dann schließlich in den 70er Jahren vom Landkreis Haßberge übernommen wurde, der sich seitdem um die Erhaltung kümmert und das Infozentrum betreibt. Berühmt ist die Burg Altenstein wegen der unverwechselbaren malerischen Silhouette der Reste der alten spätgotischen Kapelle.
Burgeninformationszentrum
Adresse
Wilhelm-von-Stein-Str. 10
96126 Maroldsweisach-Altenstein
Öffnungszeiten
- 01.07. bis 30.09. plus Pfingst- u. Osterferien
- Mittwoch bis Sonntag: 10 bis 17 Uhr
- Oktober bis Juni
- Samstag + Sonntag: 10 bis 17 Uhr
Eintrittspreise
- Erwachsene: 4,00 Euro
- Kinder (bis 17): 1,50 Euro
- Familie (2 Erw. + deren Kinder): 8,00 Euro
Sagen und Legenden
Überall dort, wo es Burgen und Ruinen gibt, da sind auch geheimnisvolle Geschichten nicht weit, die um die uralten Gemäuer und deren Bewohner ranken. Und so wundert es nicht, dass hier im Deutschen Burgenwinkel die wildesten Sagen und Legenden kursieren. Da geht die Geschichte von der Wassernixe, einem verwöhnten Burgherren und einem versunkenen Goldschatz auf Burg Raueneck.
Gar eine sagenhafte Tour kann man zu Füßen der Ruine Lichtenstein machen. Auf dem Sagenpfad durch das Lichtensteiner Felsenlabyrinth geht es um Liebe, Tod und Intrigen. Ihr erfahrt, woher der Tränenfelsen seinen Namen hat und warum der Teufelsstein eben Teufelsstein heißt. Ringsum entspringen weitere bemerkenswerte Felsformationen einem kleinen Urwald unterhalb der mächtigen Burgmauern.
Lebensraum Steinbruch
Noch heute sieht man vielen Bauten im Naturpark ihre Herkunft an. Der Baustoff Stein prägte ganze Epochen in der Region. Egal, ob Kirche, Brücke, Mauer oder auch Haus, viele von ihnen sind aus dem regionalen Sandstein erbaut. Und so trifft man auch heute noch auf unzählige Steinbrüche zwischen Bamberg und Bad Königshofen. Doch statt kahler, toter Löcher in der Landschaft findet man in Steinbrüchen eine erstaunliche Biodiversität.
Wegen der extremen Bedingungen bekommen konkurrenzschwache Spezialisten hier eine Chance, die sonst nirgendwo einen Lebensraum finden. Es lohnt sich also, einmal einen stillgelegten Steinbruch zu besuchen und etwas genauer hinzusehen. Denn selbst an den steilen Abbruchkanten und auf den Schutthalden haben sich diese Überlebenskünstler angesiedelt.
Weinberge – nicht nur Lieferanten exklusiver Weine
Auch die Weinberge im Naturpark Haßberge sind wertvolle Lebensräume. An den steilen Süd- und Südwesthängen der östlichen Region Mainfrankens wärmen sich die Flächen deutlich stärker auf als in der Umgebung. Regenwasser läuft schnell ab und spült wertvolle Nährstoffe für die Pflanzen aus. Heute sind die meisten Winzer vom regelmäßigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln abgekommen und haben den Vorteil des Biologischen Weinbaus für sich entdeckt.
Auf dem kargen Boden darf eine Krautschicht aus hoch spezialisierten Pflanzenarten wachsen, die auch für die Reben so manchen Vorteil bietet. Sie halten das Wasser im Boden und verhindern, dass die Nährstoffe ausgeschwemmt werden. Nützlinge wie Marienkäfer können sich ausbreiten und so die Weinreben auf ganz natürliche Weise schützen.
Städte und Dörfer
Bamberg, Schloss Seehof
Größte Stadt in der Region ist Kulturstadt Bamberg, die südlich direkt an den Naturpark angrenzt. Bamberg kann auf eine langjährige Geschichte zurückblicken – und ist dennoch unglaublich jung geblieben. Eines der berühmtesten Bauwerke ist das Alte Rathaus, das nur über zwei Brücken zu erreichen ist und wie ein Schiff den Lauf der Regnitz teilt. Mindestens genauso bekannt ist der romanisch-gotische Kaiserdom mit seinen vier gleichhohen Türmen.
Und auch sonst gibt es in der Altstadt so einiges zu entdecken. Seien es die wunderschönen alten Fachwerkhäuser, die sich um den Stadtfluß herum gruppieren oder auch die Neue Residenz oder die Alte Hofhaltung, die mit ihrer Renaissance-Fassade ein liebliches Flair verströmt.
Baunach
Mit einer 1000-jährigen Geschichte kann die nur 4000 Einwohner zählende Stadt Baunach im Landkreis Bamberg aufwarten. Der Name des Ortes ist von dem indogermanischen Wort für Fluss abgeleitet (bunahu bedeutet so etwas wie schwellendes Wasser). Sich selbst nennt Baunach die Drei-Flüsse-Stadt, weil sie an Main, Baunach und Lauter liegt.
Und diese drei Flüsse sind auch in ihrem Stadtwappen verewigt. Baunach liegt im frühen Siedlungsgebiet des Staffelberges, wovon unzählige Hügelgräber in der Umgebung zeugen. Der Ort wurde von fränkischen Grafen gegründet, erste urkundliche Erwähnung erfolgte bereits im Jahr 802 nach Christus.
Geologie im Naturpark
Neben dem Frankenwald und dem Steigerwald gehört der Naturpark Haßberge zu den nördlichsten Naturschutzgebieten im Keuperland Frankens. Die Steilhänge der Haßberge bilden die harten Keupersandsteine, die mit leicht verwitterbaren Tonen durchzogen sind. Die Hochflächen hingegen werden durch eine Deckfläche aus Burgsandstein geprägt.
Im Osten nimmt dann die geologische Vielfalt zu. Rhätsandstein, Feuerletten und Mergel sind nur einige der Vorkommen. Kein Wunder, dass sich hier bedeutende Abbaustätten für Sandstein, bei Zeil auch Basalt, befinden.
Wandern im Naturpark Haßberge
Über 1200 Kilometer Wanderwege mit all ihren Rastplätzen, Wanderhütten und Beschilderungen, inklusive Infotafeln an den zahlreichen Lehr- und Erlebnispfaden betreut der Naturpark Haßberge e.V.
Dazu gehört nicht nur der Burgen- und Schlösserwanderweg, sondern auch eine Vielzahl wunderschöner kürzerer Rundwege und Naturlehrpfade. Weniger bekannt, aber sicherlich ein unvergessliches Abenteuer ist auch eine Wasserwanderung mit dem Boot über den Main.
#1 Wanderung zur Burgruine Raueneck
Versteckt auf einer Bergkuppe mitten im Nirgendwo liegt die Ruine Raueneck am Rande des Naturparks bei Vorbach, einem Ortsteil von Ebern im unterfränkischen Landkreis Haßberge. Ein schmaler Weg führt hinauf auf das weite Plateau mit der hervorragend sanierten Anlage, die immer noch das Flair des Mittelalters versprüht. Um zur Burg zu kommen, ist eine kurze Wanderung durch den Wald notwendig, der seinen ganz eigenen Charme hat.
Details
- Start/Ziel: Rastplatz hinter Vorberg
- Markierung: Wegweiser Ruine Raueneck oder grüne Burg
- Länge: 2,5 km
- Dauer: 45 Min. plus Besichtigung Burg
- Schwierigkeit: mäßig
- für Kinderwagen/Buggy geeignet: ja
- Aufstieg: 80 m
#2 Naturerlebnispfad Baunach Südsee
Direkt neben der kleinen, historisch geprägten Stadt Baunach im nördlichen Landkreis Bamberg liegt der ehemalige Baggersee Südsee. Um den See herum ist ein Naturerlebnispfad angelegt, der die Besonderheiten der Region beschreibt. Der Naturerlebnisweg liegt nicht nur im Naturpark Haßberge, sondern ist auch Bestandteil des Life-Natur-Projektes Oberes Maintal. Beste Voraussetzungen für eine erlebnisreiche Wanderung mit Kindern durch eines der schönsten Gebiete im Frankenland.
Details
- Start/Ziel: Altstadtparkplatz Baunach, Bahnhofstr.
- Distanz Naturerlebnisweg: ca. 3 km
- Distanz inkl. Altstadtrundgang: 4,8 km
- Dauer: 1,5 bis 2 Stunden
- Schwierigkeit: leicht
- für Buggy/Kinderwagen geeignet: ja
- barrierearm
- Anstieg: 143 m (nur mäßige Steigung)
#3 Kurze Tour zur Ruine Bramberg
Ihre günstige Lage auf dem knapp 500 Meter hohen Bramberg beschert der Burganlage eine perfekte Weitsicht über die Haßberge. Schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts wurde die wehrhafte Burg von den Edelfreien von Bramberg erbaut. Knapp 200 Jahre später befahl Kaisers Friedrich I. Babarossa ihre Zerstörung, weil dort angeblich Raubritter hausten. Obwohl es eigentlich verboten war, baute der Würzburger Bischof Mitte des 13. Jahrhunderts eine neue Burg an derselben Stelle.
Die heutige Anlage stammt aus dem 15. und 16. Jahrhundert und diente als Amtssitz. Nach ihrer Zerstörung im Bauernkrieg wurde sie mehrfach als Steinbruch genutzt. Als dagegen 1954 die Bevölkerung protestierte, war sie zwar zunächst dem Verfall überlassen, wurde dann aber gesichert und saniert. Heute ist die umfangreiche Burganlage als Ruine rund um die Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich. Auf der Wanderung kommt ihr an einem der zwei alten Basaltsteinbrüche vorbei, die inzwischen schon deutlich von der Natur zurückerobert werden konnten.
Details
- Start/Ziel: Wanderparkplatz zw. Bramberg und Hohnhausen (300 m von der Straße entfernt)
- Distanz Naturerlebnisweg: 1,8 km
- Dauer: 1 Stunde
- Schwierigkeit: mäßig
- für Buggy/Kinderwagen geeignet: ja
- etwas holprige Waldwege
- Anstieg: 83 m (nur mäßige Steigung)
#4 Erlebnispfad Tretzendorfer Weiher
Mit nur zwei Kilometer Länge ist der Erlebnispfad Tretzendorfer Weiher auch etwas für alle Familien mit Kindern, die nur mal kurz einen Sonntagsausflug in die Natur machen möchten. Trotz der geringen Länge kann man hier im Talabschnitt zwischen Tretzendorf und Unterschleichach, durch den die Auchach noch naturnah fließen darf, doch viel Zeit verbringen, um Frösche und Libellen zu beobachten oder Schmetterlinge zu bewundern. 10 Infotafel und Mitmachstationen stellen die vielfältige Tierwelt im Naturschutzgebiet vor.
Details
- Start/Ziel: Wanderparkplatz zw. Tretzendorf und Unterschleichach
- Distanz Naturerlebnisweg: 2,2 km
- Dauer: 1 Stunde
- Schwierigkeit: leicht
- für Buggy/Kinderwagen geeignet: ja
- etwas holprige Waldwege
- Anstieg: 43 m (nur mäßige Steigung)