Das kleine Städtchen Klingenberg im Spessart-Mainland hat es in sich. Unten am Main die wunderschönen romantischen Fachwerkhäuser, an den Hängen der terrassenförmigen Südhänge reift der Rotwein des kommenden Jahres. Tief im Wald verstecken sich zwei ganz besondere Raritäten: ein stillgelegtes Tonbergwerk, dessen dunkles Gold der Stadt zu Reichtum verhalf, und eine wildromantische Sandsteinschlucht, in der im Frühjahr seltene Feuersalamander zur Welt kommen, die Seltenbachschlucht. Mitten durch die traumhafte Landschaft führt unser 6 km lange Rundweg im Zeichen der roten Schnepfe.
Alle Details zur Tour findet ihr weiter unten (Wanderkarte, GPS-Daten, uvm.)
Parkplatz Wegkapelle >>> alte Bierkeller >>> Seltenbachschlucht >>> Tonwerk/Greifvogelstation >>> Armesünderweg >>> Hohberg >>> Weinberge >>> Wegkapelle
Klingenberg am Main
Schon Kelten und Römer waren hier, wie der Ringwall und ein Weihestein belegen. Schaut man sich ein wenig um, haben hier sicherlich schon viel früher Menschen gelebt. 1100 nennt sich dann der Edle Heinrich nach der alten Clingenburg. Die staufische Variante der Gemäuer wurde 1177 errichtet. Nach ihnen kamen die Birkenbacher, die hier bis 1500 lebten.
Nach dem Aussterben der Birkenbacher kamen Burg und Herrschaft zum Fürstbistum Mainz. Als die Klingenberger Altstadt vom Ansbacher Markgraf Mitte des 16. Jahrhunderts fast völlig zerstört wurde, brauchte man Jahrzehnte, um sie wieder aufzubauen. Wohl das bekannteste Haus unter ihnen ist sicherlich das Alte Rathaus von 1561, in dem sich heute die Tourismusinformation befindet. Ebenfalls in der Altstadt überragt das wuchtige Stadtschloss die liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser in den schmalen Gassen.
Bayerns älterster Naturpark: Naturpark Spessart
Das Mittelgebirge, das in weiten Teilen die Landschaft im Spessart bildet, ist stark durch den Flusslauf des Mains geprägt, der in teils engen Schleifen die etwa 1.500 Quadratkilometer bewaldeten Gebirgszüge umfließt. Die weitgedehnten Bergrücken haben ein fast plateauartiges Relief, lediglich im Nordwesten gibt es auch kegelförmige Erhebungen. Hier treten Gneise, Glimmerschiefer und Quarzite zutage, die in den übrigen Gebieten vor über 200 Millionen Jahren mit Buntsandstein bedeckt wurden.
Mit dem höchsten Berg, dem Geiersberg, der gerade einmal 586 m hoch ist und weiter erodiert, gehört der Spessart zu den niedrigsten Mittelgebirgen in Deutschland. Geologisch bedingt ist auch die Hauptattraktion des Spessarts: ausgedehnte Waldgebiete mit Buchen und Jahrhunderte alter Eichen. Nicht zu vergessen: die Spechte, die der Region ihren Namen gaben (Spechtshardt).
Klingenberger Eiskeller
Kurz vor dem Eingang zur Seltenbachschlucht sind mehrere bis zu 40 Meter lange Felsenkeller in den Sandstein geschlagen. Einst dienten sie den ortsansässigen Brauereinen zum Kühlen ihres Bieres. Dazu schlug man im Winter Eisblöcke aus den umliegenden Gewässern, sogenannten Eisweihern, und deponierte sie in speziellen Nischen in den Wänden. Aber auch für Metzgereien und die Winzer bieten sie hervorragende Lager.
Mehr als nur ein Stein: 100 Meisterwerke
Bei einer Wanderung lässt es sich herrlich die Natur genießen. Aber wir sehen meist nur das, was alles über der Erde so wächst und fleucht. Was unter den Wäldern und Wiesen liegt, bleibt uns in der Regel verborgen. Dabei gibt es gerade hier so viel zu entdecken. In Franken prägt der Sandstein die Landschaften. Im Spessart und Odenwald bildet meist rötlicher Buntsandstein eine der markantesten Gesteine in Unterfranken.
Am östlichen Ortsrand von Klingenberg am Main im unterfränkischen Landkreis Miltenberg befindet sich eines der schönsten Fenster in die Erdgeschichte. In der Seltenbachschlucht sind sehr unterschiedliche Buntsandsteinschichten zu bewundern, die ihr bei einer Rundwanderung ganz aus der Nähe studieren könnt. Der Sandstein hier im Spessart ist nahezu fossilienfrei und kommt in Schichten bis zu 400 Meter Mächtigkeit vor. Wen wundert es da, dass um die Jahrhundertwende unzählige Steinbrüche zwischen Miltenberg und Stadtprozelten Steine für Kirchen und andere Prunkbauten lieferten. Wen wundert es da, dass die Schlucht zu den 100 schönsten Geotopen in Bayern zählt.
Das Germanische Becken
Vor etwa 300 Millionen Jahren entstand durch die Kontinentalverschiebung im nördlichen Mitteleuropa ein riesiges Senkungsfeld, das immer wieder von einem flachen Meer überflutet wurde. Dieses Gebiet nennt man Germanisches Becken. Dieses Meer wurde nicht nur von verschiedenen Meeren und Ozeanen gespeist, sondern auch von einer Vielzahl an Flüssen, die Ablagerungen von den Hochgebieten der Umgebung mitbrachten. Während sich an den Rändern des Meeres der gröbere Schutt ablagerte, wurden feinere Sande und Tone Richtung Beckenzentrum transportiert.
Vor rund 200 Millionen Jahren, im Keuper also, kam es immer wieder zum Versiegen der Zuläufe, die Fließrichtung im Becken änderte sich, teilweise trockneten Gebiete ganz aus und verlandeten für einige Zeit. Dann gab es wieder Zeiten mit monsunartigen Niederschlägen. So kam es zu einem raschen Wechsel der Ablagerungsbedingungen und somit der Gesteinsschichten. Das Germanische Becken verwandelte sich in eine lebensfeindliche Tonebene.
Bunte Vielfalt in der Seltenbachschlucht
Rot, gelb und weiß gestreift sind sie, die Sandsteinfelsen in der Schlucht, an einigen Stellen schräg geschichtet. Vor 250 Millionen Jahren bestand das heutige Unterfranken überwiegend aus Festland. Von den Hochgebieten transportierten weitgefächerte Flusssysteme Geröll, Sand und auch Tone hierher. Während hoher Strömungsgeschwindigkeiten entstanden grobkörnige Geröllhorizonte, nach Überflutungen wurden dünne Tonschichten abgelagert.
Sehr viel später schnitten sich im Eiszeitalter unzählige Flüsse tief in die Ebenen des nordbayerischen Deckgebirges ein. Und weil sich der Main immer weiter in den Untergrund fraß und sein Lauf daher immer tiefer im Gelände lag, schnitten sich auch die seitlichen Zuflüsse ins Gestein.
Wo sehr widerstandsfähiges Gestein war, entstanden im Laufe der Zeit enge Schluchten wie die Seltenbachschlucht. Von den knapp 4.000 Geotopen hat das Landesamt für Umwelt die beeindruckendsten 100 prämiert. Zu ihnen gehört auch die wilde Seltenbachschlucht, benannt nach dem Seltenbach, der hindurchfließt. Woher sein Name kommt, ist leicht verständlich: der Bach führt selten Wasser.
Die Schlucht der Salamander
Eines der bedeutendsten Vorkommen von Feuersalamandern liegt in der Seltenbachschlucht. Die umliegenden Waldflächen, die hohe Bodenfeuchte und auch das viele Totholz an dem kleinen Bach bieten optimale Lebensbedingungen für die gefährdeten Amphibien. Feuersalamander sind vorwiegend nachtaktiv, bei regnerischem Wetter kann man ihnen aber auch schon einmal tagsüber begegnen.
Im Frühjahr setzen die Weibchen der Feuersalamander ihre Larven in den kleinen Waldbach. Dabei droht ihnen die nahe Straße, die parallel zur Schlucht verläuft, zum Verhängnis zu werden. Während der Laichzeit überqueren die trächtigen Salamanderweibchen diese Straße mehrfach, sodass in dieser Zeit zu ihrem Schutz besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen. Achtet daher bitte darauf, wohin ihr tretet und haltet euren Hund an der Leine, wenn ihr durch die enge Schlucht wandert.
Tonbergwerk Klingenberg
Eine weltweite Rarität befindet sich direkt am oberen Ausgang der Seltenbachschlucht. Im heute stillgelegten Tonbergwerk wurden früher besonders reine Tone abgebaut, die sich vor rund 30 Millionen Jahren ablagerten. Die Besonderheit: fast überall andernorts wurden diese Tone durch Erosion bereits vor vielen Jahren wieder abgetragen. Dank der tiefen Lage im tektonischen Graben sind sie hier bei Klingenberg erhalten geblieben.
Das Tonlager hat eine Ausdehnung von rund 200 mal 400 Meter. 1740 wurde an 21 Stellen der Lagerstätte Ton gefördert. Gut 50 Jahre später entzog die Stadt Klingenberg den beiden Pächtern die Pacht und übernahm das Bergwerk in Eigenregie. Seine Blütezeit erlebte der Bergbau hier von 1860 bis zum Ersten Weltkrieg. Mit dem Geldsegen wurden unter anderem die Mainbrücke, die Schule und auch Wasserleitungen und ein Elektrizitätswerk erbaut.
Man nutzte das „dunkle Gold“, das der Stadt bis ins 20 Jahrhundert legendären Reichtum bescherte, zur Herstellung von speziellen Keramiken, aber auch zur Produktion von Bleistiften. 2011 musste das Tonwerk dann aus wirtschaftlichen Gründen schließen. In der ehemaligen Zentrale, der Station am Mundwerk, die ein kleines Stück weiter unten an der Straße liegt, befindet sich heute eine Greifvogelpflegestation des LBV, in der verletzte Greifvögel und Eulen gesundgepflegt und diese wieder in die Freiheit entlässen werden. Auf einem Lehrpfad werden heimische Greifvögel und auch andere Beutegreifer vorgestellt.
Berühmte Weinberge
Oberhalb von Klingenberg liegen die beiden markanten Weinberge Hohberg (311 m) und Schlossberg, an deren terrassenförmigen Steilhängen der bekannte Klingenberger Rotwein angebaut wird, vor allem Spätburgunder und Portugieser. Seit 1950 findet jedes Jahr im August das Winzerfest in Klingenberg statt, das zu den größten in der ganzen Region gehört. Und es ist auch kein Zufall, dass der Fränkische Rotwein Wanderweg genau hier entlangführt, natürlich durch die Weinberge!
Rundweg durch die Seltenbachschlucht
Wegbeschreibung
Der Wanderweg beginnt entweder am Parkplatz an den Weinbergen oder am Parkplatz direkt an der Schlucht.
Wenn ihr an der Wegkapelle an den Weinbergen parkt, geht ihr die Ludwigstraße entlang in den Ortskern. In der Rechtskurve geht die Ludwigstraße in die Rathausstraße über. Hinter dem Modehaus Breunig biegt ihr nach links in die Straße mit dem Namen Schlucht ein und gelangt an den Felsenkellern vorbei direkt zum Eingang der Seltenbachschlucht. Hier führt der Weg immer am Seltenbach entlang, teilweise auch über Brücken oder Steine im Bachbett über den Seltenbach hinüber auf die andere Seite.
Am Ende der Schlucht kommen wir an einen gemauerten Durchgang, über dem die Straße verläuft. Wir gehen hoch zur Straße und statten zunächst der Informationsstelle zum Tonbergwerk einen kurzen Besuch ab. Danach geht es an der Straße nach rechts bis zur T-Kreuzung, dort kurz nach rechts und dann nach wenigen Metern gleich wieder steil links auf den Forstweg den Berg hinauf. Hier führt uns die Markierung rote Schnepfe durch den Wald.
An der nächsten Kreuzung gehen wir geradeaus weiter, und an der Sternkreuzung mit den roten Sitzen den zweiten Weg nach links (der roten Schnepfe und M folgend). Der Weg führt immer auf gleicher Höhe geradeaus am Berghang entlang oberhalb der Weinberge, vorbei an einer Marienstatue und Aussicht auf Klingenberg und den Main.
Nach etwa 1,5 km zweigt der Weg mit der Schnepfe nach links ab. Wir gehen die Stufen an den alten Mauerresten nach unten und halten uns dann gleich links. Der Fußpfad führt jetzt vom Waldrand mitten durch die Weinberge mit atemberaubender Aussicht schräg nach unten. Dort, wo wir auf die Asphaltstraße treffen, nehmen wir den schmalen Pfad geradeaus. Er führt uns geradewegs wieder zum Parkplatz an der Wegkapelle zurück.
Alle, die vom Parkplatz an der Schlucht gestartet sind, biegen an der Straße nach links, folgen der Ludwigstraße nach Klingenberg und biegen in der Kurve hinter dem Modegeschäft nach links zum Ausgangspunkt ab.
Route
Höhenprofil
Details
- Start/Ziel: Wanderparkplatz Seltenbachschlucht (Schlucht, Klingenberg)
- alternativer Startpunkt: Parkplatz an den Weinbergen Ludwigstraße
- Markierung: rote Schnepfe auf weißem Grund
- Länge: 5,9 km
- Dauer: 1,5 Stunden
- für Kinderwagen/Buggy geeignet: nein
- Aufstieg: 433 m
- Schwierigkeitsgrad: mäßig
- DOWNLOAD Karte als pdf: Seltenbachschlucht-Karte.pdf
TOUREN-DATEN FÜR GPS-GERÄTE UND WANDER-APPS
So funktioniert´s: Anleitung zum Download und Importieren in eine Wander-App oder ein mobiles GPS-Gerät
Essen und trinken
Auf dem Rundweg gibt es keine Möglichkeit zur Einkehr. Wenn ihr die Wanderung geschafft habt, könnt ihr in eine der Gaststätten oder Cafés im Ort einkehren, viele davon liegen am Winzerfestplatz direkt am Kreisverkehr an der Mainbrücke.
Zudem gibt es einige Häckerwirtschaften, die zu bestimmten Zeiten im Jahr Wein ausschenken dürfen und ihre Gäste zudem mit hausgemachten churfränkischen Spezialitäten verwöhnen. Bitte erkundigt euch im Vorfeld auf der Homepage der Häckerwirtschaften, wann die entsprechenden Öffnungszeiten sind:
- Goldenes Fass, Ludwigstr. 35
- Weinbau Möckl, Ludwigstr. 18
- Gutsausschank Klingenberg, Wilhelmstr. 13a
Anfahrt: Wie komme ich nach Klingenberg?
Wenn ihr über die A3 zwischen Frankfurt a.M. und Nürnberg kommt, nehmt ihr die Ausfahrt 65 und fahrt bis nach Kreuzwertheim/Wertheim. In Kreuzwertheim fahrt ihr im Kreisverkehr die erste Ausfahrt hinaus, dann über Hasloch bis ins Gewerbegebiet von Faulbach, wo ihr den Kreisverkehr an der zweiten Ausfahrt und am folgenden Kreisverkehr an der ersten Ausfahrt verlasst. Es geht über Altenbuch und Wildensee nach Eschau. Im Ort geht es nach links Richtung Klingenberg. Ihr kommt über die Bergwerkstraße in den Ort.
Parken
Direkt am Eingang der Seltenbachschlucht in der Straße „Schlucht“, die von der Rathausstraße abgeht, sind ein paar Parkplätze vorhanden, die Durchfahrt ist allerdings auf 1,5 t beschränkt. Sollten die Parkplätze voll sein oder ihr mit dem Wohnmobil oder einem anderen großen oder schweren Gefährt anreisen, fahrt ihr die Ludwigsstraße Richtung Erlenbach stadtauswärts. Kurz hinter dem Ortsausgangsschild sind auf der rechten Seite zwei große Parkbuchten direkt an der kleinen Wegkapelle. Hier dürft ihr für maximal vier Stunden stehen bleiben (bitte vergesst nicht, die Parkscheibe in die Windschutzscheibe zu legen). Von hier aus sind es nur etwa 5 Gehminuten bis zur Schlucht.
Fazit
Eine herrlich spannende und gleichzeitig entspannende Runde, die sicherlich im späten Frühjahr und Frühsommer ihren größten Reiz hat. Denn jetzt ist es trotz Hitze in der Schlucht und im Wald schön kühl, der Wein wächst und reift an den sonnigen Hängen am Main und wer Glück hat, kann in den vielen seichten Buchten des Seltenbachs Feuersalamander-Kinder beobachten. In der Seltenbachschlucht müsst ihr schon gleich am Anfang über ein paar Steine im Bachbett auf die andere Seite wechseln, außerdem ist der Weg im Weinberg schmal und relativ steil. Deshalb ist die Wanderung nicht mit dem Kinderwagen und Buggy möglich. Können eure Kinder allerdings schon selbst ein paar Kilometer laufen, wird die Tour ganz bestimmt zu einem wahren Vergnügen.