In einem kleinen Tal in Sachsen-Anhalt, das die Bode in das harte Gestein gegraben hat, liegt das kleine Dorf Rübeland im Herzen des Harzes. Ein fast unscheinbarer Ort, durch den man auf der B27 so schnell hindurch gefahren ist, dass kaum eine Erinnerung bleibt. Gäbe es da nicht versteckt im Berg eine der beeindruckendsten unterirdischen Naturschönheiten in Deutschland: die Baumannshöhle und Hermannshöhle. Eines der beiden Naturwunder neben dem Brocken, den jeder Besucher im Harz gesehen haben muss.
Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Rübeland im Harz
Früher plackerten sich die Einwohner Rübelands im Eisenerz-Bergbau ab, der seit dem 10. Jahrhundert die Gegend prägte. Bis im 17. Jahrhundert die Tropfsteinhöhle im Berghang entdeckt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Mit ihr änderte sich alles für Rübeland und seine Bewohner.
Der Stoff, aus dem die Tropfsteine gemacht sind
Tropfsteinhöhlen gibt es nur da, wo im Boden hohe Mengen an Kalk vorkommen. Und wo könnten die Bedingungen besser sein als in einem Kalksteingebiet. Solche Kalksteingebiete, die aus Zeiten stammen, in denen sich in Mitteleuropa noch ein riesiges tropisches Meer befand, sind vor allem in der Mitte Deutschlands zu finden. Neben der Fränkischen Schweiz ist auch der Harz einer der Regionen in Deutschland, in denen sich zahlreiche Tropfsteinhöhlen finden.
Bei der Auflösung des Kalkgesteins spielen Risse und Spalten eine wesentliche Rolle. Durch sie drang und dringt noch immer Oberflächenwasser in den Untergrund, das reich an Kohlendioxid ist. Und dieses kohlenstoffdioxidreiche Wasser ist in der Lage, den Kalk aufzulösen. Auf diese Weise entstanden im Laufe der Zeit die einzelnen Höhlenstockwerke, die aber zunächst noch mit sandigem Sediment aufgefüllt waren. Erst als das Wasser diese fortspülte, entstanden die weiten Hohlräume, die wir heute bewundern können.
Baumannshöhle in Rübeland
Die Entdeckung der Tropfsteinhöhle
Zur Entdeckung der Baumannshöhle gibt es eine Sage, deren Wahrheitsgehalt nach heutigen Gesichtspunkten stark in Zweifel gezogen wird. Trotzdem ist sie in aller Munde:
Angeblich soll ein Bergmann namens Baumann auf der Suche nach neuen Eisenerzvorkommen auf die Höhle gestoßen und tagelang in ihr herumgeirrt sein, weil sein Grubenlicht plötzlich erlosch. Wieder ans Tageslicht gelangt, berichtete er von der Schönheit im Erdinneren, die er dabei entdeckt hatte.
Wahrscheinlicher ist, dass der Name früher einmal Buhmannshöhle geheißen hat, abstämmig von dem altdeutschen Wort Buhmann oder Butzemann. Der Buhmann ist entweder als Bruder von Knecht Ruprecht bekannt oder bedeutet so etwas wie Schwarzer Mann beziehungsweise Kobold oder Geist. Schließlich gibt es ja auch viele andere Höhlen, die etwas mit dunklen Gestalten oder gar dem Teufel in Verbindung gebracht werden, wie die Teufelshöhle im fränkischen Pottenstein.
Diese Namensherkunft unterstützen auch alte Zeichnungen, in der die Baumannshöhle als Bumannsholl bezeichnet wird, sowie der lokale Name Geisterloch für den alten Eingang.
Die älteste Schauhöhle Deutschlands
Aber egal, ob es nun Baumann war oder nicht, der die Höhle entdeckte, Fakt ist, dass die Höhle seit 1649 für Besucher freigegeben ist. In diesem Jahr erteilten die Herzöge von Braunschweig dem Rübeländer Valentin Wagner die Erlaubnis, Führungen durch die Baumannshöhle abzuhalten. Damit ist die Höhle die älteste bekannte Schauhöhle in Deutschland.
Als sich jedoch bald herausstellte, dass immer wieder die Jahrtausende alten Tropfsteine zerstört wurden, griff der Braunschweiger Herzog Rudolf August ein und erließ wenig später eine Verordnung zum Schutz der Baumannshöhle. Sie ist damit nicht nur die älteste Schauhöhle, sondern wahrscheinlich auch das erste unter Schutz gestellte Naturdenkmal in Deutschland.
Um die Tropfsteine zu schützen, versah man den Eingang mit einer massiven Tür, um den Zugang durch Unbefugte zu verhindern. Der Umsicht des Herzogs ist es zu verdanken, dass der wunderschöne Tropfsteinschmuck in seiner ganzen Pracht auch heute noch für Besucher erhalten geblieben ist.
Räume in der Baumannshöhle
Von der Eingangshalle mit der Kasse erreichen wir durch einen 74 Meter langen Stollen gleich rechter Hand das erste Highlight der Rübeländer Baumannshöhle. Von hier aus geht es durch mehrere miteinander verbundene Hohlräume durch das Innere des Berges. In der Höhle herrschen ganzjährig Temperaturen um die 9 Grad und eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Es ist deshalb ratsam, auch an heißen Sommertagen für eine Besichtigung eine warme Jacke einzupacken, damit ihr nicht friert.
Adresse
Baumannshöhle Rübeland
Blankenburger Str. 36
38889 Oberharz am Brocken OT Rübeland
Öffnungszeiten Baumannshöhle
- diese Wintersaison geöffnet
- 9:30 bis 16:30 Uhr
- Donnerstag bis Sonntag
- teilweise auch Montag, Dienstag und Mittwoch
- genauer Öffnungszeitenplan
Eintrittspreise
- Erwachsene: 9,00 Euro
- Kinder (4-14 Jahre): 6,00 Euro
- Kinder unter 4 Jahre: frei
- Familien (2 Erw. + max. 3 Kinder von 4-14): 28,00 Euro
Johann Wolfgang von Goethe in Rübeland
Die meisten von uns kennen Johann Wolfgang von Goethe als Dichter. Sein zweifellos berühmtestes Werk Faust hat sicherlich viele von uns in der Schule zur Verzweiflung gebracht. Dass Goethe auch Wissenschaftler war, ist allerdings nur wenigen bekannt. Dabei hat er die meiste Zeit seines Lebens den Naturwissenschaften gewidmet.
Sieht man sich seine Werke einmal genauer an, ist man überrascht, welch umfassende Kenntnisse das Universaltalent in Geologie, Bergbau, Zoologie und Botanik – um nur ein paar zu nennen – an den Tag legt. Anders als andere Wissenschaftler betrachtete er die Natur aber auch aus einer anderen Perspektive. Er fühlt und erlebt sie hautnah, fast wie ein Künstler, kann er darin aufgehen.
Und deshalb wundert es nicht, dass er bereits vor über 200 Jahren – wahrscheinlich in jeder freien Minute, die sich ergab – durch die Lande streifte und sich die schönsten und außergewöhnlichsten Orte in Deutschland persönlich ansah, sie erlebte und studierte. Naturschönheiten, die wir auch heute noch als Touristen besuchen. Schon lange bevor ganze Horden von Forschern in die Fränkische Schweiz oder ins Felsenlabyrinth Luisenburg im Fichtelgebirge strömten, war er dort.
Der Goethesaal
Natürlich hat Goethe auch die berühmte Baumannshöhle in Rübeland besucht. Nicht nur einmal, sondern gleich dreimal, nämlich 1777, 1783 und 1784. Und deshalb ist er der Namensgeber für den größten Raum in der Baumannshöhle, den Goethesaal. Allerdings hieß der Saal nicht immer Goethesaal. Bis 1928 war er als Tanzsaal bekannt.
Der beeindruckende Hohlraum unter der Erde entstand ursprünglich durch Auswaschungen von Wasser. Seine jetzige Größe – und vor allem Höhe – ist durch diverse Einstürze der Decke entstanden. Über 300 Quadratmeter ist der beeindruckende Goethesaal groß. In ihm befinden sich zwei Bühnen, ein künstlich angelegter See, der sogenannte Wolfgangsee, und Platz für 300 Zuschauer, die Theateraufführungen und Konzerten auf der unterirdischen Naturbühne beiwohnen können.
Die wunderschönen Tropfsteine ringsum bieten eine ganz außergewöhnliche Kulisse für die Events, zu denen übrigens auch Trauungen gehören, denn der Goethesaal ist offiziell zur Außenstelle des Standesamtes deklariert worden.
Die neue Baumannshöhle
Noch bis ins 19. Jahrhundert war die Begehung der Baumannshöhle schwierig, da sich allein der Zugang an einer recht unwirtlichen Stelle oben am Berghang befand. Als man sich entschloss, sie die Höhle noch einmal etwas gründlicher zu erforschen, fand man 1888 einen Zugang zu weiteren Hohlräumen, die als Neue Baumannshöhle in die Geschichte eingingen. Die neuen Höhlenräume liegen gleich hinter dem Hamburger Wappen, einem Raum, der nach einer zum Teil künstlich arrangierter Tropfsteinformation benannt ist.
Den heutigen Eingang gibt es erst seit 1928. Er wurde extra angelegt, um Besucher bequemer und sicherer in die Höhlenräume zu führen. Um die Hallen über die Eingangshalle direkt an der Durchgangsstraße von Rübeland mitten im Ort aus zu erreichen, war der Bau eines 74 Meter langen Stollens notwendig, der relativ steil nach oben führt. Auch innerhalb der Höhle wurden neue Wege angelegt.
Schildkrötenschlucht, hängendes Gebirge und Palmengrotte
Am Ende einer Treppe gelangen wir in einen großen Raum in der sich die Schildkrötenschlucht befindet. Höhlenforscher sind bei der Bezeichnung der Tropfsteine sehr erfinderisch und ihre Fantasie kennt bei der Namensgebung der wunderschönen und skurrilen Gebilde keine Grenzen.
Dort, wo sich die geräumige Halle verengt, solltet ihr einen Blick zur Decke werfen. Hier hat sich das Gestein in großen Bereichen vom Deckgebirge abgeschält und wird deshalb Hängendes Gebirge genannt. Der folgende wunderschön versinterte Höhlenabschnitt trägt den Namen Palmengrotte. Wer nach links auf die hohen schlanken Sintersäulen schaut, weiß auch, warum.
Säulenhalle
Sicherlich einer der schönsten Abschnitte der Baumannshöhle ist die Säulenhalle. Auf einem abschüssigen Verbruch stehen unzählige Stalagmiten. Von der Decke hängen kleine und große Sinterfahnen herab, daneben wachsen Stalaktiten und feine Röhrchen, auch Makaronis genannt, gen Boden herab. Einige sind kurz davor, sich mit ihrem Gegenstück am Boden zu Stalagnaten zu verbinden.
Am Ende der Säulenhalle liegt das große Knochenfeld, das mit unzähligen Tierknochen durchsetzt war (und vielleicht auch noch ist). Hier findet ihr ein Höhlenbärenskelett, das aus Originalknochen zusammengesetzt ist.
Hermannshöhle
Kein Besuch von Rübeland sollte hier bereits enden, ohne der zweite Schauhöhle, Hermannshöhle genannt, ebenfalls genauer in Augenschein zu nehmen. Die Hermannshöhle liegt schräg gegenüber auf der anderen Seite der Bode in Rübeland und wurde erst viel später aufgespürt als die Baumannshöhle. Vielleicht würde sie auch heute noch ein stilles, unbekanntes Dasein im Untergrund fristen, wenn nicht zufällig Straßenbauarbeiten im 19. Jahrhundert zu ihrer Entdeckung geführt hätten.
Sie als kleine Schwester der Baumannshöhle zu bezeichnen, würde den an die 50 Meter hohen Hohlräume mit atemberaubendem Tropfsteinschmuck nicht gerecht werden. Ein Besuch lohnt vor allem am frühen Morgen. Dann habt ihr die größten Chancen, die scheuen Grottenolme zu sehen, die im unterirdischen Olmensee leben.
Öffnungszeiten
- zur Zeit geschlossen
- frühestens ab Ostern 2022 wieder geöffnet
Essen und Trinken
Direkt gegenüber der Baumannshöhle gibt es einen Imbiss, in dem ihr warme und kalte Speisen sowie Kaffee und Süßspeisen bekommt. Für den großen Hunger in gemütlicher Atmosphäre gibt es zahlreiche Restaurants und Cafés in Rübeland in direkter Umgebung der Höhlen.
Anfahrt: Wie komme ich nach Rübeland?
- Von Wernigerode: über die 244 bis Oberharz am Brocken, dann links auf die B27 nach Rübeland
- von Blankenburg oder Braunlage über die B27 nach Rübeland
Parken
Es empfiehlt sich das Höhlenparkticket. Für 2,50 Euro könnt ihr 3 Stunden parken. Alle Parkplätze sind maximal 500 Meter von den Höhlen entfernt.
Baumannshöhle:
- Parkplatz an der Straße Mühlental in Rübeland, Einfahrt vor dem Mühlental 11
- Parkplatz an der Blankenburger Straße 35 in Rübeland
Hermannshöhle:
- Parkplatz an der Burgstraße 17 in Rübeland, gegenüber befindet sich ein Privatparkplatz an der Hangseite
- Parkplatz am Freibad zwischen der Blankenburger Straße 11 und 12 in Rübeland
Fotos
Das Fotografieren in der Baumannshöhle ist nicht gestattet. Die gekennzeichneten Fotos von den beiden Schauhöhlen wurden uns vom Tourismusbetrieb der Stadt Oberharz am Brocken – Rübeländer Tropfsteinhöhlen zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür! Weitere Infos findet Ihr auf harzer-hoehlen.de
Fazit
Nicht nur für trübe Tage sind die beiden Tropfsteinhöhlen in Rübeland unbedingt zu empfehlen. Wir haben selten einen so unglaublichen Reichtum an Tropfsteinen auf so engem Raum in einer der vielen Tropfsteinhöhlen in Deutschland gesehen. Durch die neue Beleuchtung werden die Kalkgebilde besonders schön in Szene gesetzt.