Mitten im Herzen Bayerns liegt der Markt Thalmässing im schönen Frankenland. Die mittelfränkische Gemeinde, die idyllisch im Randbereich des fränkischen Juras an der Grenze des Fränkischen Seenlandes, legt besonders großen Wert auf Tradition und Geschichte. Das ist auch in den zahlreichen Premiumwanderwegen und dem Geschichtsdorf Landersdorf in einem Ortsteil von Thalmässing deutlich zu spüren. Direkt am Geschichtsdorf beginnt einer der geschichtsträchtigen Wanderwege: der Keltenweg. Der Keltenweg führt euch auf knapp über 5 Kilometern zu den Fundorten keltischen Lebens und Schaffens.
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Fundreich Thalmässing – Geschichtsdorf Landersdorf
Direkt am Ortsrand von Landersdorf, einem winzigen Dorf der Gemeinde Thalmässing, liegt hinter einem Bauernhof aus dem 20. Jahrhundert mit riesiger Scheune, einem großem, mehrstöckigen Wohnhaus und ein paar Großmaschinen, ganz unscheinbar das Geschichtsdorf Landersdorf. Fast könnte man es übersehen, stünde nicht am Eingang direkt am Parkplatz eine große Tafel mit einem Hinweisschild.
Originalgetreue Rekonstruktionen eines Steinzeit-, Kelten- und Bajuwarenhauses vermitteln anschaulich, wie unsere Vorfahren im Süden Deutschlands vor 1200, 2500 und auch 5000 Jahren so gelebt haben. Die ältesten Hinweise auf eine Besiedlung in dem Gebiet um Thalmässing stammen bereits aus der Jungsteinzeit.
Adresse
Geschichtsdorf Landersdorf
Landersdorf 28
91177 Thalmässing
Das Geschichtsdorf Landersdorf ist ganzjährig und rund um die Uhr für Besucher geöffnet. Einen Zaun gibt es nicht und Eintritt müsst ihr auch nicht bezahlen. Stattdessen gibt es hier direkt hinter dem Eingang ein schickes Toilettenhäuschen mit einer Trockentoilette – nein, nicht aus der Steinzeit, sondern für die Besucher! Ich bin überrascht, wie sauber es ist. Und von Geruchsbelästigung keine Spur …
Im Geschichtsdorf Landersdorf könnt ihr die Wohn- und Lebensweisen der früheren Kulturen hautnah erleben. Drei verschiedene Hofanlagen verdeutlichen, wie die Menschen in der Jungsteinzeit, zur Keltenzeit und im frühen Mittelalter lebten. Die drei Häuser wurden originalgetreu nach Funden aus der nahen Umgebung errichtet. Es ist wohnlich in den Häusern. Und erstaunlich sauber und warm.
Ich hatte erwartet, dass es modrig riecht, womöglich Schimmel die Wände überzieht. Schließlich wird hier nicht geheizt und der Winter hat sich gerade erst verabschiedet. Stattdessen ist es so trocken in den Hütten, dass der Staub auf dem Boden aufwirbelt, wenn man schnell hindurchläuft. Sieht man mal davon ab, dass das Leben dieser Menschen ohne Zweifel sehr hart und von Entbehrungen geprägt war – vor allem, wenn Überschwemmungen oder Dürren die Menschen heimsuchten – das Wohnen in Hütten brachte doch so manchen Luxus mit sich.
Die Steinzeit – Beginn der Siedlungsgeschichte
Diese Epoche der Menschheitsgeschichte begann in Mittel- und Westeuropa vor rund 11.000 Jahren mit dem Übergang der Jäger- und Sammlerkultur zu sesshaften Bauern. Während Jäger und Sammler ein nomadisches Leben führten, wurden die ersten Siedler in Dorfgemeinschaften sesshaft und betrieben Ackerbau.
Pflanzen und Tiere wurden domestiziert und die eigene Nahrungsproduktion und Vorratshaltung führte zu größerer Unabhängigkeit der Menschen von ihrer Umwelt. Um 5600 v. Chr. wanderten die ersten Bauern aus dem Balkan das Donautal hinauf in das Gebiet im Altmühltal, rodeten Siedlungsinseln in die Wälder und gründeten die ersten Dörfer. Im Schlepptau Ziegen und Rinder.
Das Steinzeithaus
Und mit der beginnenden Sesshaftigkeit entwickelte sich auch der Hausbau weiter. In der Alpenregion baute man Hütten auf meterhohen Stützen an den Ufern der Seen, die an die häufigen Überflutungen angepasst waren. Rund um die Dörfer errichteten die Menschen Zäune zum Schutz vor Feinden oder Wildtieren. Der wohl wichtigste Fund aus der Endphase der Jungsteinzeit ist wohl das Skelett von Ötzi, der vor über 5000 Jahren gelebt hat und dessen gefriergetrocknete Leiche im Gletscher erhalten geblieben ist.
Um das 4. Jahrtausend v. Chr. bestanden die Häuser aus Bohlenwänden und einem Reetdach. Innen gab es bereits eine Einteilung mit Windfang, Ofenbereich und Holzbänke. Die frühesten Häuser auf dem Hinteren Berg bei Landersdorf stammen aus dieser Zeit vor rund 6000 Jahren.
Jahreszeiten, Sonne – der Kalender
Überall, wo sich erste Siedlungen wie hier in Thalmässing bildeten, stellte sich gleichzeitig eine starke Abhängigkeit vom Wetter ein. Die Bauern wurden abhängig vom Rhythmus der Jahreszeiten, wobei der Sonnenstand einen sehr hohen Stellenwert einnahm. Deshalb orientierten sich die Menschen an jahreszeitlichen Fixpunkten wie der Tag-Nacht-Gleichen (Sommeranfang) und der längsten Nacht (Winteranfang) sowie der steigenden und fallenden Bewegung der Sonnenbahn. In enger Beziehung hierzu steht die Einführung des Kalendersystems.
Vorgeschichtlicher Garten
Im eingezäunten Garten ist zu sehen, womit sich die Menschen seit ihrer Sesshaftigkeit ernähren. Hier wachsen im Sommer nicht nur Getreidesorten wie Dinkel, Emmer und Einkorn, sondern auch Hülsenfrüchte, (Heil-) Kräuter und Färbepflanzen, die bereits unseren Vorfahren bekannt waren.
Zu den ältesten, kultivierten Getreidearten gehörte der Emmer, der seinen Ursprung im Nahen Osten hat und nachweislich dort bereits vor rund 10.000 Jahren angebaut wurde. Es folgten Erbsen und Linsen, später kamen auch Wein und Olivenbäume hinzu.
Eisenzeit = Keltenzeit
Diese Epoche steht in direktem Zusammenhang mit der Verwendung von Eisen als Werkstoff. In Westeuropa begann diese Periode vor rund 3000 Jahren, obwohl vereinzelte Anwendungen bereits deutlich früher nachgewiesen wurde. Neben der Steinzeit und der Bronzezeit ist die Eisenzeit die dritte große Epoche in der zeitlichen Gliederung der Werkzeugherstellung. Besonders bedeutend in der Eisenzeit waren die Kelten. Diese Volksstämme breiteten sich von Frankreich und Deutschland aus in ganz Europa und Teilen Asiens aus.
Das Keltenhaus
Zunächst lebten die Kelten in kleineren Gemeinschaften als Bauern und konzentrierten sich auf die Landwirtschaft und Nutztierhaltung. Das Keltenhaus lässt bereits Fortschritte bei der Hausbautechnik erahnen. Statt reinen Holzbauten wohnten die Kelten schon in Hütten aus Flechtwerk mit Lehmbewurf.
Mit der Verwendung von Eisen als Werkstoff begannen die Kelten, sich in größeren Stadtanlagen anzusiedeln, die sie durch Mauern und hohe Wälle vor Angreifern schützten. Habt ihr schon gewusst dass die Kelten im dritten Jahrhundert vor Christus begannen, die Geldwirtschaft einzuführen? Das bescherte der Kultur eine regelrechte Blütezeit. Innerhalb dieser großen Stadtanlagen spielte die Eisenproduktion die wichtigste Rolle.
Die Gesellschaft der Kelten
Innerhalb der keltischen Gesellschaft gab es drei Schichten:
- die Ritterschaft mit ihren mächtigen Fürsten
- die Druiden
- das gemeine Volk
Neben Waffen wie Schwerter, Äxte und Helme wurden viele Schmuckstücke aus Eisen – und natürlich Gold und Silber – mit auffälligen Verzierungen gefertigt. Als die Römer immer weiter nach Norden vordrangen und sich gleichzeitig die Germanen nach Süden ausbreiteten, wurde das Keltengebiet immer kleiner und verschwand schließlich fast ganz.
Übrigens nannten die Römer die Kelten nicht Kelten, sondern Gallier. Die berühmtesten Gallier sind wahrscheinlich Asterix und Obelix, die allerdings natürlich nie tatsächlich existiert haben. Die Sprache hat jedoch überlebt: Heute wird sie noch in Irland, Schottland und Wales als Gälisch gesprochen.
Die Bajuwaren
Wer nicht weiß, was Bajuwaren sind, ist wahrscheinlich – genau wie ich – ein Zugereister. Bajuwaren ist die ursprüngliche Bezeichnung für die Bayern. Diese Bevölkerungsgruppe stammt aus einem Herzogtum, das im 6. Jahrhundert Altbayern, Österreich und Südtirol umfasste. Was sich die Bayern wegen ihrer Ursprünge nicht alles für Spötteleien anhören müssen. Abstammen sollen sie von den Fußkranken der Völkerwanderung, die nicht in der Lage waren, die große Tour durch Europa zu machen. Wie es wirklich war, fand man erst viel später heraus.
Das Bajuwarenhaus
Richtig modern wirkt das Bajuwarenhaus aus dem 6. bis 7. Jahrhundert. Das Bajuwarenhaus ist ein typisches Bauernhaus wohlhabender Familien aus dem Frühmittelalter. Zwar fand man in Thalmässing ein Gräberfeld aus dieser Zeit, leider wurde die dazugehörige Siedlung aber bisher noch nicht gefunden. Wie ein Gehöft einer wohlhabenden Bajuwarenfamilie ausgesehen hat, zeigen Funde aus Aschheim bei München. Die außergewöhnlich großen Häuser wurden auf mächtigen Stützpfosten erbaut.
Grabhügelfeld Landersdorf
Der Keltenweg führt an ein paar Hügelgräbern aus der Keltenzeit vorbei. Die Totenstadt, auch Nekropole genannt, liegt direkt auf einer kleinen Anhöhe oberhalb des Weges. Nekropolen nennt man größere Begräbnis- und Weihestätten des Altertums, die baulich gestaltet wurden. Bei Grabungen 1980 fand man Reste eines ziemlich verwitterten Grabhügelfeldes aus der frühkeltischen Zeit. Typisch für die Keltenzeit ist die hölzerne Grabkammer im Inneren der Anlage.
Die Grabhügel wurden mit Holzpfosten und Steinkreisen umgeben und mehrfach wieder geöffnet, wenn es zu weiteren Bestattungen kam. Wie zu vermuten ist, wurden in solchen Gräbern nur wohlhabende Personen beigesetzt. Das ist vor allem an dem Beigaben – Schmuck für die Frauen, Waffen und Pferdegeschirr bei den Männern – zu erkennen. Die Grabhügel fanden sich häufig in Sichtweite der Siedlungen. Diese hier stammen von der keltischen Siedlung auf der Reuther Platte direkt oberhalb von Thalmässing.
Reuther Platte
Hier oben auf der Reuther Platte befand sich um das 5. Jahrhundert vor Christus eine frühkeltische Siedlung, deren Reste noch an den Wallanlagen an den Hangkanten erkennbar sind. Wenn ihr euch die herrliche Rundumsicht anschaut, ist klar, dass sich auch die Kelten hier wohlgefühlt haben.
Die Zahl der Bestattungen lässt darauf schließen, dass hier auf dem Herrenhof auf der Reuther Platte etwa 20 bis 30 Personen gleichzeitig lebten. Hinzu kommen natürlich noch jede Menge Rinder und Ziegen im Gehöft.
Wandern auf dem Keltenweg
Toureninfos
Zwar ist der Weg nicht besonders lang, dafür aber sehr abwechslungsreich. Die 5 Kilometer Rundweg über den Keltenweg führen vom Geschichtsdorf durch die Ortschaft Landersdorf über Wiesen und Felder in den Wald. Auf der anderen Seite geht es vorbei an den Grabhügeln hinauf zur ehemaligen Keltensiedlung auf der Reuther Platte.
Anschließend wandern wir wieder bergab zurück zum Parkplatz am Geschichtsdorf Landersdorf. Der Keltenweg kann problemlos auch mit dem Buggy, Kinderwagen oder auch Bollerwagen befahren werden. Teilweise ist es zwar etwas holprig, aber das erhöht ja bekanntermaßen nur den Spaß an der Sache. Lediglich bei anhaltender Nässe sind die Waldwege sehr aufgeweicht und schwer befahrbar.
Route
Höhenprofil
Details
- Start/Ziel: Parkplatz direkt am Geschichtsdorf Landersdorf
- Länge: 5,3 km
- Dauer: etwa 1,5 Stunden (plus Zeit im Geschichtsdorf)
- Markierung: Blaues Schild mit weißem K
- Aufstieg: 131 m
- Abstieg: 131 m
- Schwierigkeitsgrad: mäßig (nur leichte Steigungungen)
- mit Buggy und Kinderwagen (geländetauglich) befahrbar
- DOWNLOAD Karte als pdf: Wanderkarte-Keltenweg.pdf
- DOWNLOAD Wegbeschreibung: Beschreibung-Keltenweg.pfd
Hinweis: Der Rundweg führt vorwiegend durch den Wald. Bei nasser Witterung sind die Wege etwas matschig und deshalb womöglich etwas schwerer mit dem Buggy befahrbar. Bei trockenem Wetter sollten sie kein Problem darstellen.
GPX-DATEN FÜR GPS-GERÄTE UND WANDER-APPS
So funktioniert´s: Anleitung zum Download und Importieren in eine Wander-App oder ein mobiles GPS-Gerät
Fazit
Wer liebt sie nicht: die frechen Gallier mit ihren starken Kriegern und mystischen Druiden? Für alle, die von Asterix und Obelix nicht genug bekommen können oder einfach nur die Kultur unserer keltischen Vorfahren lieben, ist der Keltenweg und das Geschichtsdorf Landersdorf in Thalmässing ein absolutes Muss. Liebevoll und originalgetreu sind Hütten aus verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte rekonstruiert worden und es gibt sogar einen Garten mit alten Getreidesorten und Kräutern. Auf dem rund 5 Kilometer langen Keltenweg kommt ihr außerdem an einer ehemaligen Siedlung und Hügelgräbern vorbei. Ein Ausflug nach Thalmässing lohnt sich wirklich!
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