Im Oberpfälzer Landkreis Amberg-Sulzbach, rund 50 Kilometer südöstlich von Nürnberg, liegt ein wunderschönes kleiner Ort namens Kastl. Ins idyllische Lauterachtal im östlichen Teil der Frankenalb haben sich schon früh Menschen angesiedelt. Das romantische Tal, umgeben von ausgedehnten Wäldern und Wacholderbüschen, wird wegen seiner besonderen landschaftlichen Schönheit auch als Toskana der Oberpfalz bezeichnet.
Mir ist der Markt Kastl von meiner zweitägigen Wanderung auf dem Wacholderweg in ganz besonders guter Erinnerung geblieben. Hier gibt es nicht nur wunderschöne Wandertouren, sondern auch nette Menschen und lebendige Geschichte zum Bestaunen und Anfassen.
Kastl – ein wenig Geschichte
Über die Jahrhunderte hinweg gab es zahlreiche Schreibweisen für den kleinen Ort an der Lauterach wie Kastel oder auch Castel. Bei seiner ersten Erwähnung 1102 lautete er Castellum. Das ist der lateinische Begriff für eine Festung oder ein Kastell. Der Name bezieht sich auf die frühmittelalterliche Burg, die auch heute noch auf dem hohen Felsmassiv den Ort überragt. Im Jahr 1323 wurde dem Ort von Kaiser Ludwig dem Bayern, der häufig in Kastl verweilte, das Marktrecht verliehen.
Mit knappen 2500 Einwohnern kennt hier noch jeder jeden. Wanderer wie mich fallen dem Menschen sofort auf – und ein kleines Gespräch oder ein hilfreicher Tipp hier und da ist keine Seltenheit. In allen Ecken in Kastl ist immer noch der Charme alter Zeiten gegenwärtig. Romantische Gassen, liebevoll sanierte Häuser, der Marktplatz und nicht zuletzt die Klosterburg, die majestätisch über dem Dörfchen thront, sind Sehenswürdigkeiten, die man unbedingt selbst gesehen haben muss.
Rathaus
Das hübsche Rathaus auf der Stirnseite des Marktplatzes wurde von dem Benediktinerabt Johannes Metzger 1552 erbaut. Der vom Kloster bezahlte Bau wurde im Laufe der Jahre mehrfach verändert. 1890 erhielt er ein zweites Stockwerk, später dann den eindrucksvollen Treppengiebel mit dem kleinen Türmchen. Früher zierte es eine Glocke, die die Bürger von Kastl an Wahltagen an ihre Pflichten erinnerte.
Auf dem Sandsteinrelief über dem Haupteingang prangt ein Relief aus Sandstein mit dem Wappen der Kurpfalz und der Abtei. Früher gab es auch einen Prangerstein. In das enthaltene Halseisen wurden Lästermäuler, Diebe oder andere Frevler mehrere Stunden am Pranger stehen. Der Stein ist noch links neben dem Eingang erhalten, das Eisen wurde jedoch entfernt. Bis in die 1960er Jahre waren auch Schulklassen der Volksschule im Rathaus untergebracht.
Wenn ihr durch die schmalen Gassen wandert, seht euch ruhig ein wenig genauer um. Nicht nur die hübschen Häuser, sondern auch die Gärten sind ein Augenschmaus.
Klosterberg mit Burganlage
Am markantesten in Kastl ist wohl die alte Klosteranlage, die seit über 900 Jahren auf dem Klosterberg über dem Markt thront. Ursprünglich standen hier einmal drei Burgen.
Diese Burgen wurden von zwei Cousins und einer Cousine aus dem Geschlecht der Sulzbacher bewohnt. Irgendwann kamen die drei dann auf die Idee, hier ein Kloster zu errichten. Dazu holten sie die Genehmigung vom Papst ein und begannen 1103 mit den Baumaßnahmen. Zu den ersten Gebäuden gehörte natürlich eine Kirche und Unterkünfte für die Mönche. Im Jahr 1129 wurde der markante Chorraum der Klosterkirche mit dem markanten Tonnengewölbe fertiggestellt.
Das Kloster wurde bald zu einem der mächtigsten Klöster des Reiches, fiel aber ab dem 16. Jahrhundert Plünderung und Brand zum Opfer, der fast die ganze Abtei in Schutt und Asche legte.
Bei der Rekatholisierung der Oberpfalz wurde das Kloster dann an die Jesuiten in Amberg übergeben und teilweise umgebaut. Nach deren Auflösung und Verbot des Ordens erhielt schließlich der Malteserorden die Anlage.
1808 wurde das Kloster Kastl schließlich verstaatlicht und zur Pfarrkirche deklariert. Im 20. Jahrhundert war auf der Klosterburg ein ungarisches Gymnasium angesiedelt. Seit der Auflösung des Internats stand die Anlage seit 2006 leer. Jetzt wird sie wieder restauriert und umgebaut. Gerüchten zufolge soll hier demnächst eine Polizeischule entstehen.
Klosterkirche
Mitten innerhalb der Klostergebäude liegt die Klosterkirche. Der hohe Glockenturm überragt alle anderen Gebäude der Burganlage und ist schon von weitem zu sehen. Besonders sehenswert in der romantischen, dreischiffigen Kirche aus dem Jahr 1129 ist ein Wappenfries, auf dem die lokalen Rittergeschlechte abgebildet sind.
Und wer einmal die Glocken klingen gehört hat, wird genauso beeindruckt sein wie ich. Das Geläut besteht aus vier historischen Glocken und seit 2009 drei neuen Glocken. Die größte des historischen Ensembles ist die fast drei Tonnen schwere „Stürmerin“, die 1322 gegossen wurde und es durchaus mit Kollegen aus einem Dom aufnehmen können. Beim Zwölfuhrleuten könnt ihr die Glocken in ihrer ganzen Pracht live anhören.
Habt ihr schon von Prinzessin Anna gehört?
Als Ludwig von Bayern 1319 mit seiner Tochter nach Kastl reiste, erkrankte die kleine Prinzessin und verstarb wenig später. Anna wurde aber nicht wie üblich nach München überführt, sondern einbalsamiert und im Kloster bestattet. Rund 400 Jahre nach ihrem Tod wurde die Leiche aus dem Hochgrab entnommen und die gut erhaltene Mumie in einem Eichenschrank im sogenannten Paradies, der Vorhalle der Klosterkirche aufbewahrt.
Nachdem Feuchtigkeit und schwankende Temperaturen der Mumie stark zugesetzt hatten, wurde sie 2013 in einen mit Stickstoff gefüllten Spezialsarg gebettet. Heute könnt ihr die Prinzessin in einer speziell konstruierten Vitrine bestaunen.
Öffnungszeiten:
- die Kirche ist für die Öffentlichkeit zugänglich
- Eintritt frei
Heimatmuseum Kastl
Ein privates Heimatmuseum der ganz besonderen Art befindet sich in einem uralten Bauernhaus aus dem 14. Jahrhundert, das Franz Weiß jahrzehntelang restaurierte, um es für die Nachwelt zu erhalten. Aber das Museum ist mehr als nur eine Ausstellung bäuerlichen und handwerklichen Kulturgutes.Neben Werkzeugen, Geräten und lokalen Trachten könnt ihr dort alles bewundern, was zum dörflichen Leben dazugehörte. Leider ist er inzwischen verstorben. Sein Lebenswerk wird aber von seiner Frau Anna Maria mit viel Liebe und Herzblut weitergeführt.
Heimatmuseum Kastl
Hohenburger Str. 44
92280 Kastl
Öffnungszeiten
- Mai bis September: 1. Sonntag im Monat
- 14:00 bis 16:00 Uhr
- Gruppen nach Vereinbarung
Mariä Himmelfahrt Kirche
Natürlich gibt es in Kastl auch eine katholische Kirche. Von der Größe her kann sie es natürlich nicht mit der imposanten Klosterkirche aufnehmen. Trotzdem lohnt es sich, den spätgotischen Bau aus dem Jahr 1503 auch von innen anzuschauen. Hier befindet sich ein wunderschöner Hochaltar aus dem Jahr 1780 und zahlreiche restaurierte Deckengemälde.
Wandern in und um Kastl
Kastl ist einer der wenigen Ortschaften, durch den sich vier Wander- und Fernwanderwege schlängeln. Auf dem Erzweg gelangt ihr durch das „Land der tausend Feuer“, vorbei an der mediterranen Flora und Fauna, schroffen Felsen des Juras und durch dunkle Wälder. Und auch einer der vielen Jakobswege geht durch Kastl.
Seine Wege führen aus ganz Europa nach Spanien. Sie laden nicht nur zum Nachdenken ein, sondern auch zum Genießen der einzigartigen Landschaften. Und auch den Jurasteig könnt ihr auf 12 Etappen durch den bayerischen Jura erwandern. Und Kastl ist auch hier mit dabei: auf Route 7.
Wacholderwanderweg (Schmidmühlen – Kastl)
Ganz neu ist der Wacholderwanderweg, der von Schmidmühlen über Hohenburg durch das romantische Lauterachtal bis nach Kastl schlängelt. Der Wacholderwanderweg führt euch direkt durch duftende Magerrasen mit Wacholderbüschen und seltenen Orchideen.
Im Verlauf der Wanderung von der Gemeinde Schmidmühlen über Hohenburg bis Kastl begleitet euch die Lauterach, die sich als romantischer Bach durch ihr Bett bis zur Mündung in die Vils schlängelt. Große Teile des Wanderweges führen durch die würzig duftenden Trockenrasen mit ihren Kräutern, Orchideen und Wacholderbüschen, die wie skurrile Skulpturen in den Himmel ragen und fast ein wenig den Eindruck erwecken, man wäre in Italien – der oberpfälzer Toskana eben. Alle Informationen, detaillierte Karte und Streckeninformationen findet ihr HIER.
Essen, Trinken, Übernachten in Kastl
In Kastl gibt es auch heute noch sieben Wirtshäuser und ein paar Übernachtungsmöglichkeiten für Wanderer und Urlaubsgäste. Nein, wir bekommen keinen Cent für die Werbung. Wir möchten in unseren Artikeln auf der Homepage kostenlos so viele Betriebe im ländlichen Raum unterstützen, damit sie uns lange erhalten bleiben! Übrigens könnt ihr hier im Ort könnt richtig gut essen, nicht nur traditionell fränkisch-deftig! Wir haben es ausprobiert und sind von Vielfalt und Geschmack genauso überrascht gewesen wie von der Herzlichkeit, mit der man uns überall empfangen hat.
Übernachtungsplatz für Wohnmobile
Direkt neben der Cappuccino Station gibt es einen großen Parkplatz, auf dem ihr kostenlos mit dem Wohnmobil übernachten könnt. Eine Entsorgungsmöglichkeit und Frischwasser gibt es hier für alle Camper direkt auf dem Parkplatz gratis dazu! Direkt nebenan im Supermarkt lässt sich dann noch alles besorgen, was euch für den Urlaub so fehlt. Zum Abendessen wird mal nicht gekocht, denn in den oberpfälzer Gasthäusern gibt es so manche Spezialität, die es zu probieren lohnt! Oder ihr macht einen italienischen Abend mit Pizza und Pasta in der Cappuccino-Station und gönnt euch anschließend einen Espresso und ein Eis.
Auch im Winter ist was los
Im Winter gibt es nicht nur ein gut ausgebautes Loipennetz in Kastl, ihr könnt auch auf dem Kitzbühler Hang Ski fahren. Ganz besonderes Flair herrscht auf dem jährlichen Weihnachtsmarkt in Kastl. Von Glühwein bis hin zu Bratwürsten ist wohl für jeden etwas dabei.
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