Wer glaubt, dass eine Schauhöhle der anderen gleicht, der ist noch nicht in der Binghöhle in Streitberg gewesen. Es gibt nicht nur Stalaktiten und Stalagmiten, sondern jede Menge weiterer Tropfstein-Formationen, die sich auf eine ähnliche Weise bilden und die den legendären Tropfsteinen in nichts nachstehen. Auch große Hallen braucht die Binghöhle im Wiesenttal nahe Forchheim in der Fränkischen Schweiz nicht, um den Besuchern in ihren märchenhaften Bann zu ziehen.
Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Ignaz und die Binghöhle
Heute kennt ihn eigentlich niemand mehr. Aber um die Jahrhundertwende war der Nürnberger Industrielle Ignaz Bing der weltgrößte Spielzeughersteller. Und: Er hatte ein Faible prähistorische Artefakte. Gut für uns, denn im Jahr 1905 ließ er den unscheinbaren Gang der heutigen Binghöhle in Streitberg bei Ebermannstadt ausgraben und erweitern.
Der aus Franken stammende Ignaz Bing besuchte das Wiesenttal, insbesondere Streitberg, mehrfach. Es gefiel ihm hier in der Fränkischen Schweiz so gut, dass er ein Grundstück am Rande des Dorfplatzes erwarb, das er Villa Marie taufte. So wurde das Dörfchen Streitberg zu einer zweiten Heimat für den Spielzeugmagnaten. Jedes Jahr zu Weihnachten soll er die Kinder dort mit Gebäck und Spielzeug beschenkt haben. Und schon früh sorgte er für einen Brunnen und eine elektrische Straßenbeleuchtung für den kleinen Ort nahe Forchheim. Und auch der runde Prinz-Rupprecht-Pavillon ist seiner großzügigen Spende zu verdanken.
Anscheinend immer und überall auf der Suche nach prähistorischen Schätzen entdeckte er 1905 eine Tropfsteinhöhle namens Grotte im Petersholz oberhalb seines Hauses am Berghang. Darauf gebracht, dass hinter dem engen Spalt im Felsen noch eine ganze Menge sein muss, hat ihn wohl der Jagdpächter, der ihm erzählte, dass sein Hund darin ganz schön lange verschwunden war. Nach einer ersten Erkundung, kaufte Ignaz Bing kurzerhand das Grundstück und ließ die Höhle erschließen.
Die vielen hübschen Postkarten, die er von der Höhle drucken ließ, zogen noch im gleichen Jahr mehr als 7.000 Besucher an. 1908 gab es bereits elektrische Beleuchtung in der Höhle. Ganz schön fortschrittlich, wenn man bedenkt, dass beispielsweise in der Maximiliansgrotte bei Neuhaus an der Pegnitz erstmals 1992 eine solche installiert wurde und vorher die Besichtigungen im Schein rußender Karbidlampen durchgeführt wurden.
Der kleine Konrad und die Binghöhle
Ein Spalt im Fels ist spannend, aber erwachsene Personen kamen durch den engen Gang nicht ins Innere. Wie gut, dass sich der 13-jährige Konrad zur Verfügung stellte, in das dunkle Loch hineinzukriechen. Konrad war nicht nur sehr mutig, sondern auch recht dürr – perfekt also, um die Höhle zu erkunden.
Von Ignaz Bing mit einer Karbidlampe ausgestattet kroch er durch ein Loch hinein, das kaum größer als ein DIN A4-Blatt war. Gleich dahinter entdeckte er eine kleine Kammer mit Tropfsteinen. Aber der unerschrockene Junge kroch nicht zurück und berichtete, was er gesehen hatte – so wie es eigentlich gedacht war. Vom Forscherdrang vorangetrieben, ging er einfach immer weiter. Und da es damals ja noch keinen richtigen Weg gab, musste Konrad sich durch enge Spalten quetschen und teilweise auch auf dem Bauch vorwärts in die Dunkelheit robben.
Im Schein der Karbidlampe drang Konrad immer tiefer in die Zauberwelt der Tropfsteine ein und fand gleich um die nächste Ecke den heute größten Tropfstein der Binghöhle: die zwei Meter hohe Riesensäule. Jetzt hatte Konrad so richtig die Abenteuerlust gepackt. Und da sich die Höhle nicht verzweigte und deshalb keine Gefahr bestand, dass er sich verirrte, kroch er weiter und weiter und fand schließlich den heute größten Saal in der Höhle, den Kerzensaal, mit seinen wunderschönen weißen Säulen.
Ein paar Fakten
- ursprüngliche Länge: 230 m
- heutige Länge: 270 m
- tiefste Stelle: etwa 30 m unter der Erde
Einzigartig anders – die Binghöhle bei Streitberg
Von Besucherströmen wie die Teufelshöhle und die Sophienhöhle kann die von außen so unscheinbare Binghöhle nur träumen. Dabei ist die Miss Unterwelt im Landkreis Forchheim an Schönheit kaum zu überbieten. Das Kleinod in der Fränkischen Schweiz war eigentlich einmal ein mächtiger, unterirdisch verlaufender Fluss.
Und dieser prähistorische Fluss hat nicht nur gewaltige Mengen an Wasser durch die Frankenalb befördert, sondern auch den Grundstein für eine der schönsten Galeriehöhlen in Deutschland gelegt. Dass es hier einen Fluss gegeben hat, sieht man heute noch sehr deutlich an den typischen Fließfacetten in der Phantasiegrotte und der Nixengrotte. Und damit ist die Binghöhle bei Streitberg eines der seltenen Beispiele für eine Flusshöhle.
Die schönsten Geotope in Bayern
Die Binghöhle ist vom Bayerischen Landesamt für Umwelt als Geotop ausgewiesen. Sie gehört zu den schönsten dieser schützenswerten Zeugen der Erdgeschichte. Wenn ihr noch mehr davon sehen möchtet, schaut doch mal auf unseren Seiten dazu vorbei.
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Formen und Farben – die unglaubliche Vielfalt in der Binghöhle
Tropfstein ist nicht gleich Tropfstein. Es gibt unendlich viele unterschiedliche seltsame Formen und Farben. Da ist zum Beispiel einer mit dabei, der leuchtet wie eine Lampe. Dabei handelt es sich um einen ungewöhnlich reinen und sehr transparenten Kristall. Andere sehen aus wie ein Brokkoli oder Korallen. Wissenschaftler bezeichnen sie als Blumenkohle. Sie entstehen ausschließlich unter Wasser in Höhlenseen.
Es lohnt sich auch, das eine oder andere Mal an die Decke zu schauen. Denn auch sie gestaltet sich im Verlauf der Binghöhle überall anders. Mal hat es den Anschein, als hingen Makkaroni von der Decke herab, manchmal sogenannte Excentriques oder auch kleine weiße Fähnchen, die fast ein wenig wie ein Vampirgebiss aussehen.
Fließt das Wasser an den Wänden herab, entstehen Sinterterrassen in Miniaturform. Und auch Palmen gibt es in der Binghöhle in Streitberg- zumindest deren Stämme. Das sind lange, schmale und sehr empfindliche Säulen. Tropfsteine, die an der Decke angewachsen sind, werden im Fachjargon übrigens auch als Stalagnate bezeichnet.
Urzeitliche Höhlenkrebse
Wer glaubt, dass in einer Höhle nichts los ist, irrt gewaltig. Neben Fledermäusen, die hier ihr Winterquartier aufschlagen, gibt es auch seltene Spinnentiere und viele andere Insekten. Richtig berühmt ist der kleine Höhlenkrebs Barthynella. In einem Becken in der Kristallgrotte findet man auch heute noch Tausende dieser lebenden Fossilien, die sich seit 350 Millionen Jahren kaum verändert haben. Leider sind sie mit einem Millimeter Größe nicht mit dem bloßen Auge zu erkennen. Dennoch sind sie mit Hummer und Flusskrebs näher verwandt als mit den Wasserflöhen. In der Binghöhle haben die Tierchen wegen des fehlenden Lichts im Laufe der Jahrtausende ihre Farbpigmente und Augen verloren.
Auf einen Blick: Öffnungszeiten – Preise – Führungen – Adresse
Adresse
Binghöhle Streitberg
Schauertal, OT Streitberg
91346 Wiesenttal
Öffnungszeiten (Stand 2023)
- 1. April bis Anfang November
- Dienstag bis Sonntag
- 10:00 bis 17:00 Uhr
- letzter Einlass: 16:40 Uhr
- montags geschlossen
- während der Ferien täglich
- Aktuelle Infos
Führungen
Die Binghöhle könnt ihr nur im Rahmen eines geführten Durchgangs besichtigen.
- Führungen jeweils zur vollen und halben Stunde
- Dauer: 30 Minuten
- Gruppenstärke: maximal 15 Personen
- Voranmeldungen und Infos unter: 09196 92 99 31
Eintrittspreise
- Erwachsene: 6,50 Euro
- Kinder (4 bis 14 Jahre): 3,50 Euro
- Schüler (15 bis 17 mit Schülerausweis): 5,00 Euro
- Familienkarte (2 Erw. + max. 3 Kinder): 17,00 Euro
- Aufpreis für Spezialführungen
- Fotogenehmigung: 1,00 Euro
- Hund (nach Absprache mit dem Personal): 1,00 Euro
Hinweis: Wer gerne ein paar Fotos von der Binghöhle machen möchte, zahlt einen Aufpreis von 1,00 Euro für die Fotogenehmigung.
Umgestürzte Tropfsteine
Nein, hier gab es glücklicherweise keinen Vandalismus. Die umgestürzten Tropfsteine in der größeren Grotte in der Mitte der Binghöhle sind der letzten Eiszeit vor rund 10.000 Jahren zum Opfer gefallen. Damals war der Gang mit gefrorenem Wasser gefüllt, das natürlich gearbeitet hat und damit auch die Tropfsteine verschob, sodass sie gebrochen und umgefallen sind. Als das Eis weggeschmolzen war, überzog das heruntertropfende Wasser die Bruchstellen mit neuen Ablagerungen und „zementierte“ sie zum Teil am Boden fest.
Anfahrt: Wie komme ich zur Binghöhle?
Über die A73 zwischen Nürnberg und Bamberg nehmt ihr die Ausfahrt Forchheim und haltet euch immer Richtung Ebermannstadt auf der B470. Ein paar Kilometer nach Ebermannstadt biegt ihr die erste Straße (Bahnhofstraße) schräg nach links zum Ortskern von Streitberg ab.
Parkplätze
Pkw
Direkt vor dem Aufgang zur Binghöhle (Schauertal) liegt ein kleinerer kostenloser Parkplatz für Pkw. Etwas weiter unten in Streitberg könnt ihr auf dem Dorfplatz euer Auto abstellen. Der Parkplatz ist gebührenpflichtig.
Wohnmobil
Wenn ihr mit dem Wohnmobil unterwegs seid, wird es etwas schwierig im Ort selbst. Stellt euer Wohnmobil am besten auf dem Parkplatz am Familienschimmbad Streitberg (die Straße heißt Am Freibad) ab. Da ist deutlich mehr Platz. Das ist eigentlich der offizielle Parkplatz für die Ruine Neideck, die ihr neben der Burgruine der Streitburg auch unbedingt einen Besuch abstatten müsst. Von dort aus geht ihr auf der Dorfstraße über die Wiesent und die B470, dann leicht links über die Bürgerstraße hinauf zum Dorfplatz. Von hier aus gelangt ihr auf einem gut ausgeschilderten Weg zur Binghöhle.
Fazit
Wer glaubt, hat man eine Tropfsteinhöhle gesehen, kennt man sie alle, irrt gewaltig. Die Binghöhle ist etwas ganz Besonderes. Ihr fehlt zwar die Weiter großer unterirdischer Hallen, dafür ist der Höhlengang gespickt mit unglaublich schönen bizarren Tropfsteinen unterschiedlichster Form und Farbe. Plant am besten gleich etwas mehr Zeit mit ein, denn in der direkten Umgebung gibt es herrliche Wanderwege und auch die beiden Burgruinen Neideck und Streitburg liegen in unmittelbarer Nähe, sodass ihr nicht nur einen ganzen Tag, sondern problemlos auch ein *Wochenende oder einen ganzen Urlaub lang Beschäftigung und Abenteuer vom Feinsten genießen könnt.
Und das gibt es auch noch Sehenswertes in der Nähe
Alle unsere Wanderungen und Ausflugsziele in Bayern findet ihr HIER.
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1 thoughts on “Die etwas andere Tropfsteinhöhle – Binghöhle in Streitberg (Fränkische Schweiz)”