Ein Besucher, der vielleicht zur Spielwarenmesse oder dem berühmten Christkindlesmarkt nach Nürnberg kommt, lernt zunächst die moderne Stadt kennen. Doch jedem, der den Hauptbahnhof in Richtung Norden verlässt, tritt nach wenigen Schritten am Frauen- oder Königstor das alte Nürnberg mit seiner trutzigen Stadtbefestigung entgegen. Und mittendrin in der Altstadt Nürnbergs fließt die Pegnitz, überspannt von unzähligen Brücken, die für sich gesehen schon faszinierende Sehenswürdigkeiten in der Stadt darstellen.
Stadtfluss mit bewegter Geschichte – die Pegnitz in Nürnberg
Wer in die Altstadt von Nürnberg eintritt, findet stattliche Reste einer mittelalterlichen Großstadt – einer Reichsstadt aus der Glanzzeit unserer Vergangenheit. Gekrönt von der majestätischen Kaiserburg liegen innerhalb der Stadtmauern nicht nur öffentliche Gebäude wie das Rathaus, sondern auch prachtvolle Bürgerhäuser und reich verzierte Kirchen. Doch was wäre die Stadt, ohne ihren Stadtfluss, die Pegnitz? Und genau aus diesem Grund haben wir uns diesmal zu einem Ausflug an den Fluss entschieden:
Ganz gemächlich fließt die Pegnitz heute durch die Metropole – und teilt dabei die Altstadt in zwei Hälften. Das war im Mittelalter schon genauso. Schlammig war sie und voller Sand, daher stammt auch ihr Name (schlammiger Fluss) aus dem vorkeltischen Wortschatz.
Einst floss hier die Pegnitz: Nürnberger Hauptmarkt
Doch im Gegensatz zu heute schlängelte sich die Pegnitz damals über den heutigen Hauptmarkt und verwandelte ihn des Öfteren in einen wahren Sumpf. Der Fluss konnte sich noch frei bewegen. Hochwasser erreichte die hochgelegenen und noch getrennten Stadtteile St. Sebald und St. Lorenz nie. Die beiden Stadtteile wuchsen langsam aber stetig dem sumpfigen Wiesengrund entgegen und erreichten ihn schließlich ganz. Deshalb mussten die Bauten des ehemaligen Judenviertels auf Pfählen errichtet werden.
Als die Stadt 1349 durch das Judenprogrom „gesäubert“ wurde, wurden alle Gebäude inklusive der Synagoge, an deren Stelle heute die Frauenkirche steht, abgerissen. Mit dem angefallenen Bauschutt verfüllte man den sumpfigen Untergrund, sodass der befestigte Platz, heute Hauptmarkt genannt, entstand. Die Pegnitz wurde im gleichen Zuge in ein rund 70 Meter entferntes Flussbett gezwängt, in der sie auch heute noch gemächlich vor sich hinplätschert.
Wie du mir …
Diese Maßnahme rächte sich bald. Zahlreiche Hochwasser überfluteten die Stadt. Maßnahmen dagegen diskutierte man über Jahrhunderte – umgesetzt wurden sie jedoch damals nicht. Aber nicht nur das Hochwasser der Pegnitz machte Probleme. In einer Chronik von 1582 steht vermerkt, dass die Mühlräder in der Pegnitz still standen, da das Flussbett derart zugemüllt war. Und auch die Schlachtbank an der Fleischbrücke entsorgte all ihre Abfälle in die Pegnitz. Der Fluss musste in den vergangenen Jahrhunderten so einiges ertragen. Und im Gegenzug hat auch er der Stadt Nürnberg ordentlich zugesetzt.
Brücken, Stege, Ufer und Inseln
Hatte man in der fränkischen Metropole in den letzten Jahrzehnten immer nur von oben auf den Fluss geguckt und die idyllische Aussicht von der Museumsbrücke auf das Heilig-Geist-Spital oder von der Fleischbrücke auf die Liebesinsel genossen, kamen die Nürnberger ihrem Stadtfluss mit dem Projekt „Altstadt ans Wasser“ endlich wieder näher. Am Südufer der Insel Schütt, direkt hinter dem Cinecitta, ist die Veränderung schon gut zu erkennen. Die Ufermauer wurde abgesenkt, Sandsteinstufen laden zum Sitzen nahe des Wasserspiegels ein. Neue Bäume sorgen für wohligen Schatten.
Insel Schütt
Unsere Route entlang der Pegnitz beginnt an der U-Bahn-Station Wöhrder Wiese und führt uns über die Steubenbrücke am Naturhistorischen Museum vorbei auf den Gewerbemuseumsplatz mit dem Bildungszentrum und einem der größten Multiplexkinos Europas, dem Cinecitta.
Direkt hinter dem Cinecitta führt eine neue Brücke mit hölzernen Bohlen und Edelstahlgeländer hinüber zur hinteren Insel Schütt, die größte der vier Inseln der Pegnitz im Stadtgebiet. Hier findet ihr von Ende April bis Ende Juli Nürnbergs Stadtstrand – eine künstliche Strand-Oase mit Event-Charakter auf der Insel Schütt (Sommer in der City).
Im Anschluss ist die Insel einer der Schauplätze des Bardentreffens. Jeden Sommer gegen Ende Juli präsentieren Liedermacher und Bands aus der ganzen Welt auf einem dreitägigen Open-Air-Festival ihr Können in Nürnberg.
Bardentreffen
- Zeitpunkt: Ende Juli
- Programm
- Eintritt ist frei
Und im September ist die Insel Schütt für das Altstadtfest reserviert.
Weiter geht es Richtung Osten entlang des Flussufers. Wir gehen am Cinecitta vorbei die Stufen zum Wespennest, einer schmalen Gasse, in der links das Szene-Pub O´Sheas liegt.
Schuldturm an der Heubrücke
Auf der vorderen Insel Schütt liegt der Schuldturm in der Sebalder Altstadt. Der 1323 errichtete Turm ist einer von ehemals zweien seiner Bauart, die mit der Schuldturmbrücke verbunden waren. Heute heißt die Brücke nicht mehr Schuldturmbrücke, sondern Heubrücke. Ihren Namen hatte das Ensemble, da die Türme nach dem Bau der letzten Stadtbefestigung um 1400 als Gefängnis für Schuldner umfunktioniert wurde.
Museumsbrücke
Die zentrale Verbindung zwischen den beiden Stadtteilen der Nürnberger Altstadt bildet die Museumsbrücke. 1484 errichtet und Barfüßerbrücke gannt, war sie damals eine einfache Holzbrücke auf zwei steinernen Bögen. Als die Brücke durch ein Hochwasser nahezu zerstört worden war, wurde sie um 1600 zunächst durch ein hölzernes Provisorium ersetzt. Fast Einhundert Jahre später entstand schließlich eine Steinbrücke, die im Zweiten Weltkrieg wiederum zerstört und anschließend – erheblich verbreitert und autogerecht umgebaut – wieder neu errichtet wurde.
Heilig-Geist-Spital
Das Heilig-Geist-Spital wurde 1339 als Krankenhaus und Altersheim gegründet. Seit dem 15. Jahrhundert diente es zusätzlich als Gebährhaus und chirurgische Station. Als das Spital erweitert werden sollte, blieb einzig die westliche Spitze der Insel Schütt. Auf ganzen drei Brücken wurden damals die Häuser des Heilig-Geist-Spitals über den Fluss gesetzt.
Fleischbrücke
Für die Fleischbrücke war ein benachbartes Fleischhaus namensgebend. Die Brücke liegt an der engsten Stelle der Pegnitz durch die Altstadt und wird als älteste der vielen Brücken zwischen den beiden Stadtteilen St. Lorenz und St. Sebald gehandelt. Erstmalig fand die Fleischbrücke bereits um 1200 Erwähnung. Seitdem ist die damals aus Holz gebaute Brücke mehrfach abgebrannt oder einem Hochwasser zum Opfer gefallen. Seit 1598 steht die schmale Brücke jedoch praktisch unverändert da. Auch den Zweiten Weltkrieg hat die Fleischbrücke fast unbeschadet überstanden.
Trödelmarktinsel
Ein Markt wurde im Mittelalter hier schon abgehalten. Da man auf der Trödelmarktinsel Schweine verkaufte, nannte man den Platz zu dieser Zeit auch Säumarkt. Die Bürger des nördlichen Stadteils (St. Sebald) begannen im 16. Jahrhundert, auf der Insel auch alte und gebrauchte Gegenstände zu verkaufen. Aus diesem Grund wurde der ehemalige Säumarkt dann um 1810 zum Trödelmarkt umbenannt. Das Fleischhaus wich erst knappe einhundert Jahre später einer Markthalle.
Karlsbrücke
Eigentlich heißt es Karlsbrücken, denn zwei Brücken verbinden die Trödelmarktinsel mit Nürnberg.
Die Obere Karlsbrücke führt südlich in die Lorenzer Altstadt, die Untere Karlsbrücke in nördliche Richtung nach St. Sebald. Da beide Brücken zu unterschiedlichen Zeiten errichtet wurden, hatten sie ehemals auch unterschiedliche Bauweisen.
1728 wurde die baufällig gewordene Brücke durch die heute noch bestehende Sandstein-Bogenbrücke ersetzt. Zu Ehren des damaligen Kaisers Karl VI. und seiner Frau nannte man die beiden Brücken ursprünglich Kaiserbrücke und Elisabethbrücke.
Henkersteg
Nürnbergs Altstadt bestand einst aus zwei getrennten Stadtbefestigungen. Um die Lorenzer und Sebalder Alststadtteile über die Pegnitz hinweg zu vereinigen, wurde im 14. Jahrhundert eine Brücke über den südlichen Pegnitzarm gebaut: der heutige Henkersteg.
Zurückzuführen ist dieser ungewöhnliche Name auf die Wohnung des Henkers. Da der Beruf des Henkers auch damals nicht besonders ehrbar war, wurde dieser auf die abgeschiedene Insel (Trödelmarktinsel) ausgesiedelt. Musste der Henker seines Amtes walten, schritt er über den Henkerssteg von seiner Insel zum Vollstreckungsort.
Maxbrücke
Zwischen dem Maxplatz und dem Unschlittplatz überspannt die Maxbrücke – ehemals Steinerne Brücke genannt – den Stadtfluss. Umbenannt wurde die Brücke 1810 zu Ehren Maximilian Joseph I., der 1806 zum bayerischen König gekrönt wurde. Die im Jahr 1457 fertiggestellte Maxbrücke ist die älteste aus Steinen erbaute Brücke innerhalb der Stadtmauern.
Innerhalb der Altstadt erstreckt sich die Pegnitz von der Hallertorbrücke bis zur Steubenbrücke über 1,2 Kilometer Länge. Die Wasserqualität ist heute besser als ihr Ruf. Doch noch ist sie nicht zum Baden freigegeben.
Von der Maxbrücke aus halten wir uns links am Kreuzgassenviertel und Unschlittplatz vorbei zum Kettensteg, den wir bereits von der Maxbrücke aus sehen können.
Kettensteg
Der Kettensteg in der Altstadt war die erste freischwebende Flussbrücke Deutschlands, die nur an Ketten hängt und in der Mitte auf einer Insel abgestützt wird. Die Hängebrücke ist 80 Meter lang und wurde1824 gebaut.
Ganze 423 hölzerne Bohlen leiten Fußgänger und Radfahrer trockenen Fußes über den Fluss ans andere Ufer. Dank einer großangelegten Spendenaktion kann der Kettensteg nach seiner Sanierung im Jahr 2010 wieder schwingen.
Fazit
Warum immer nur durch die Altstadt von Nürnberg schlendern? Tolle Ein- und Ausblicke auf die Stadt und ihre Geschichte gibt es auch entlang der Pegnitz. Jede Menge historische Brücken überspannen den Stadtfluss, rechts und links seiner Ufer gibt es Historisches und Interessantes zu betrachten. Und: es ist hier viel ruhiger als in der quirligen Innenstadt der fränkischen Metropole.