Die Rettung der Przewalski-Pferde
Dass die mongolischen Steppenlandschaften heutzutage wieder mit Urwildpferden bevölkert werden kann, grenzt fast an ein Wunder. Denn nachdem in der Mitte des letzten Jahrhunderts kein einziges Tier mehr in der freien Natur gefunden wurde, erklärte man diese Art von Wildpferden als ausgestorben.
Lebensraum: Mongolische Steppe
Karge Landschaften und eisige, lange Winter sind für große Huftiere schon ohne den Einfluss des Menschen eine Umgebung, in der sie täglich um ihr Überleben kämpfen müssen. Um das 9. Jahrhundert n. Chr. berichtete der tibetanische Mönch Bodowa erstmals von den kräftigen Pferden mit dem dunklen Aalstrich und dem dichten Fell in der Steppenlandschaft der Mongolei.
Bis vor 150 Jahren noch völlig unbekannt
Die westliche Welt erfuhr erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts von der Existenz dieser Urwildpferde, als der russische Forscher Nikolai Machailowitsch Prschewalski (poln. Przewalksi). Der Oberst hatte während eines Aufenthaltes in den Jahren 1877/78 in der Stadt Zajsan einige Felle und Knochen von erschossenen Tieren zusammengetragen, die er nach seiner Rückkehr in seine Heimatstadt Sankt Petersburg dem zoologischen Museum übergab. Dort erfolgte 1881 die Erstbeschreibung der neuen Tierart, die nach dem Oberst und Forscher benannt wurde: Equus przewalskii.
Przewalski-Pferde sind bei ihrem Futter sehr genügsam. Sie können sich problemlos auch von dem Bewuchs sandiger, karger Flächen das ganze Jahr über ernähren. Eiskalte Winter und glühende Hitze im Sommer kann diesen robusten Wildpferden nichts anhaben. Als Unterstand nutzen sie Baumgruppen, die ihnen einerseits Schatten spenden, andererseits auch bei rauen Witterungsverhältnissen Schutz bieten.
Familienverbände
In freier Wildbahn verlässt der männliche Nachwuchs im Alter von ein bis vier Jahren die Herde. Diese Herde ist eigentlich eine Haremsgruppe, die aus einem Hengst und mehreren Stuten mit ihren Fohlen besteht.
Fortan leben die jungen Hengste in Junggesellengruppen zusammen. Denn nur so lässt sich die permanente Auseinandersetzung mit dem dominanten Leithengst vermeiden.
Während sich die jungen Stuten zumeist anderen Herden anschließen, bleiben die Junghengste meist als Junggesellengruppe zusammen. Dort fechten die jungen Pzrewalski-Pferde die Rangordnung unter sich aus. Diese Kämpfe werden mit Bissen und Tritten ausgefochten und können sich über mehrere Wochen hinziehen. Je jünger ein Hengst ist, umso leichter wird er von den übrigen Junggesellen akzeptiert. Er stellt schließlich noch keine ernst zu nehmende Konkurrenz dar.
Jagd auf die Urwildpferde
Zwar wurden in dieser Zeit die Przewalkski-Pferde stark bejagd, doch die Feuerwaffen dezimierten den Bestand nicht nachhaltig. Das Ende dieser Wildpferde hatte einen ganz anderen Auslöser. Denn Ende des 19. Jahrhunderts stieg die Nachfrage der westlichen Welt nach Kaschmirwolle. Jetzt mag man sich fragen, was Kaschmirwolle mit den Urwildpferden zu tun hat.
Ganz einfach: Aufgrund der stetig steigenden Nachfrage zogen immer mehr Mongolen mit immer größeren Herden an Kaschmirziegen, den Lieferanten für Kaschmirwolle, durch die Steppen. So kam es bald zu einer Überweidung der ohnehin kargen Graslandschaften. Die wilden Pferde fanden immer weniger zu fressen und verhungerten irgendwann.
Der Zufall kam zur Hilfe
Aus der heutigen Sicht kam den Urwildpferden ein glücklicher Zufall zur Hilfe. Denn Baron Friedrich von Falz-Fein hatte es sich in den Kopf gesetzt, auf seinem Gut Nova Askania in der Ukraine unbedingt ein paar dieser Pferde zu halten. Um die Jahrhundertwende schickte der Baron, sowie der Tierhändler und Zoodirekter Carl Hagenbeck Expeditionsteams aus, um einige der wilden Pferde und ihre Fohlen in der Mongolei einzufangen.
Die Przewalski-Pferde wurden also eingefangen und verfrachtet. Die Pferde traten ihre 9.000 Kilometer lange Reise bis in die Ukraine und nach Deutschland an. Über die Hälfte der Wildpferde überlebte die Strapazen auf dem langen Transportweg nicht. Lediglich 54 Urwildpferde erreichten ihren Bestimmungsort. Und von diesen wenigen Tieren starben die meisten, bevor sie auch nur geschlechtsreif wurden.
Nur 13 dieser Przewalski-Pferde hatte Nachwuchs. Und von diesen wenigen Tieren stammt die gesamte heutige Population an Urwildpferden ab. Heute zählt man wieder 2000 Pferde. In 60 Zoos und Tiergärten.
Geglückte Auswilderung
Der Münchener Tierpark Hellabrunn, der Tiergarten Nürnberg, der Salzburger und der Prager Zoo haben in den 1990er Jahren damit begonnen, die Wildpferde wieder in ihrer ursprünglichen mongolischen Heimat wieder anzusiedeln. Heute galoppieren wieder an die 300 Przewalski-Pferde über die weitläufigen Steppenlandschaften der Mongolei.
Ein großer Erfolg für die Erhaltung einer Art, die nur durch den Einfluss des Menschen bereits ausgerottet schien. Man mag für oder gegen die Haltung von Tieren in Zoos eingestellt sein. Ohne die gezielte Zucht im Zoo wären diese wunderschönen, starken Urwildpferde jedoch ausgestorben.
Urwildpferde im Tennenloher Forst
Südöstlich von Erlangen liegt das Gebiet Tennenloher Forst. Bis 1993 als Truppenübungsplatz von der US-Armee genutzt, befindet sich heute mitten im Waldgebiet ein offenes Sandgebiet mit einer Vielzahl schützenswerter Lebensräume. Mit dem Abzug der US-Truppen verschwanden auch die Panzer, die den Magerrasen und die Heiden offen hielten. Solche offenen Flächen werden normalerweise in kurzer Zeit wieder von Gehölzen besiedelt, sodass der Lebensraum der dort lebenden Arten, die viel Licht benötigen, verschwindet.
Erneut kam es zu einem Glücksfall
Denn 2002 wurde eine Studie in Auftrag gegeben, wie man dieses Biotop im Tenneloher Forst retten könne. Das Ergebnis: Die drohende Verbuschung könne effektiv aufgehalten werden, indem die Fläche ganzjährig von genügsamen Pferderassen beweidet würde. Zum Beispiel mit Przewalski-Wildpferden.
Der Grundstein war gelegt
Doch bevor auch nur ein einziger Zaunpfahl in Tennenlohe eingeschlagen werden konnte, musste das gesamte Gebiet zunächst nach Munitionsrückständen abgesucht werden. Man fand ganze 90 Granaten, die jedoch nicht von der US-Armee, sondern noch von Übungen der Deutschen Wehrmacht stammten.
2003 konnte dann endlich ein stabiler Zaun gebaut werden. Im Rahmen eines Auswilderungsprojektes stellten dann der Tierpark Hellabrunn aus München und der Tiergarten Nürnberg Urwildpferde für den Tennenloher Forst zur Verfügung. Von hier stammen auch die Fotos in diesem Beitrag.
Besucherinfos
Der Tennenloher Forst zählt zu den größten Naturschutzgebieten Bayerns. Auf rund 930 ha des Sebalder Reichswaldes umfasst die Standortvielfalt nicht nur trockenen Sandmagerrasen, Heidelandschaften und Kiefernwälder, sondern auch Moorbereiche. Über 1.800 Tier- und Pflanzenarten leben hier, von denen 330 als stark gefährdet gelten.
- Parkmöglichkeiten: am Turmberg
- Fußweg: laut Beschilderung rechts ein paar Hundert Meter durch den Wald gehen. An der T-Kreuzung rechts halten, dann vor dem großen Stein links.
- auch für Kinderwagen und Buggys geeignet
- Öffnungszeiten: ganzjährig, rund um die Uhr
- Homepage: Urwildpferde Tennenlohe
Essen und trinken
Wenn ihr die Wildpferde in Tennenlohe sehen möchtet, solltet ihr euch etwas Zeit nehmen. Das Gelände ist riesig und wo sich die Pferde gerade aufhalten ist manchmal nicht leicht vorauszusagen. Um das gesamte Gelände führt ein 8 km langer Wanderweg, der allerdings nur teilweise mit Kinderwagen befahren werden kann. Schmale, geländetaugliche Buggys sind in der Regel kein Problem. Nehmt euch auf jeden Fall etwas zu essen und zu trinken mit, manchmal dauert der Besuch im Tennenloher Forst doch etwas länger und es gibt keine Einkehrmöglichkeit in direkter Umgebung.
Anfahrt: Wie komme ich zum Wildpferd-Gehege?
Wenn ihr über die A3 Nürnberg/Würzburg kommt, nehmt ihr die Ausfahrt Tennenlohe und haltet euch auf der B4 (Äußere Nürnberger Straße) Richtung Erlangen. Hinter der Ausfahrt nach Tennenlohe biegt ihr an der zweiten Ausfahrt rechts ab (Richtung Walderlebniszentrum). Im Kreisverkehr nehmt ihr die 1. Ausfahrt. Nach wenigen Metern macht die Straße eine Rechtskurve. In der Kurve liegt auf der linken Seite der Parkplatz Turmberg.
Fazit
Die Wildpferde lohnen zu jeder Jahreszeit einen Besuch. Mit etwas Glück seht ihr auch die Ziegen, die die Pferde seit einigen Jahren bei der Landschaftspflege unterstützen. Meist seht ihr die Tiere schon auf dem breiten Hauptweg und müsst gar nicht weit laufen.
Unsere Empfehlung:
Rundweg um das Gehege der Urwildpferde in Tennenlohe
Weitere Urwildpferd-Populationen in Deutschland
Eine Population von Przewalski-Pferden wird in Kernzone der Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide zusammen mit Wisenten und Rothirschen aufgebaut. Auch im österreichischen Nationalpark Neusiedler See–Seewinkel, wo das Wildpferd ebenfalls einmal heimisch gewesen sein soll, wird seit der Jahrtausendwende ein Zuchtprogramm betrieben. In Deutschland werden seit einigen Jahren zahlreiche Kleinreservate unterhalten, unter anderem in:
- Tennenlohe
- Augsburg
- Gießen (Hohe Warte)
- Hanau
- Babenhausen
- Aschaffenburg (ehemaliger Truppenübungsplatz Aschaffenburg-Schweinheim)
Übrigens: In der direkten Nähe im Tennenloher Forst direkt vor den Toren Erlangens befindet sich auch das Walderlebniszentrum Tennenlohe, das ihr unbedingt mit euren Kindern einmal besuchen müsst. Am Wochenende und an Feiertagen hat hier auch das Café geöffnet, damit ihr euch ein wenig von dem langen Fußmarsch und den Abenteuern in der Natur stärken könnt.
Noch mehr außergewöhnliche Wildtiere:
Freiland-Aquarium und Terrarium Stein
Für mich ist das Freiland-Aquarium und Terrarium einer der schönsten Tierparks in Deutschand. Wenig spektakulär aufgemacht, keine Bespaßung oder Würstchenbuden, sondern eben nur die Natur selbst. Mit jeder Menge Abenteuerfaktor, der den Forscherdrang in jedem Kind – und auch den Erwachsenen – weckt. Verbindet den Ausflug doch gleich mit einer Fahrradtour oder einer kleinen Wanderung auf dem Abenteuer-Familienrundweg durch den Faberwald und den Rednitzgrund! MEHR LESEN