Der Buntspechtweg im Nationalpark Bayerischer Wald bietet Naturvergnügen der ganz besonderen Art. Und das ganz offiziell, denn der Rundweg von der Racheldiensthütte zum Rachelsee ist vom Deutschen Wanderverband als Qualitätsweg ausgezeichnet worden. Der steinige Aufstieg lohnt, denn hier darf die Natur machen, was sie will. Und so entsteht hier langsam ein neuer Urwald.
Alle Infos zur Wanderung siehe unten (Karte, GPS-Datei, Details)
Racheldiensthütte >>> Rachelsee >>> Kapellensteig >>> Rachelkapelle >>> Felsenkanzel >>> Racheldiensthütte
Der Große Rachel
Schon seit ewigen Zeiten gelten die urigen Wälder um den Großen Rachel als geheimnisvoll uns sagenumwoben. Mit 1453 m Höhe ist der Große Rachel der höchste Berg im Nationalpark, etwa 400 Meter unterhalb des Gipfels liegt der stille Rachelsee.Und heute ist er mehr denn je ein beliebtes Ausflugsziel für alle naturbegeisterten Wanderer von nah und fern. Rau ist er, der Rachel, das wussten schon die Kelten, denn von ihnen stammt angeblich sein Name (racia bedeutet rau).
Schon seit der Zerstörung der Fichten durch den Borkenkäfer entwickelt sich der Wald neu, und wir können ihm dabei zuschauen. Vom Gipfel aus hat man bei schönem Wetter eine fantastische Rundumsicht auf den mittleren Bayerischen Wald und den Böhmerwald jenseits der Grenze. Allerdings ist der Bayerische Wald auch für seine Nebeltage bekannt, an denen man kaum die Hand vor Augen sieht. Wir sind im leichten Regen gestartet, weiter oben war es dann – jetzt im Spätsommer – richtig neblig.
Ein Relikt der Eiszeit: der Rachelsee
Man mag es kaum glauben, aber der Rachelsee ist der einzige natürliche See im Nationalpark und wird auch als stillster See im Bayerischen Wald bezeichnet. Gut 13 Meter ist er tief und in der letzten Eiszeit entstanden. Denn als der Gletscher, der das Bergmassiv bedeckte, geschmolzen ist, hat die Endmoräne einen natürlichen Damm gebildet, der das Wasser zu einem See aufstaute.
Bereits 1918 wurde der sogenannte Karsee mit seinem Umland unter Naturschutz gestellt. Seitdem darf hier wachsen und fallen, wie es der Natur gefällt. Heute, gut 100 Jahre später, kann man schon sehr gut die Anfänge eines beginnenden Urwaldes erkennen, der sich ebenfalls über die tschechische Seite in den Böhmerwald zieht.
Tiefes, braunes Wasser im Fichtenbergwald
Ebenso wie der Große Arbersee wird auch der Rachelsee von einer steilen Wand überragt, an der auch der Seebach entspringt, der als einer der Quellbäche der Großen Ohe gilt. Durch seine windgeschützte Lage und den geringen Wassereintrag durch den Seebach findet kaum Durchmischung im Wasser statt, sodass sein Grund mit einer bis zu 6,5 Meter hohen Sedimentschicht ausgekleidet ist.
Still ist der Rachelsee nicht nur deshalb, weil hier oben keine Straße hinaufführt. Würde man unter die Wasseroberfläche schauen, ist dort auch nicht so viel los. Zumindest, was Fische und andere Wassertierchen angeht. Nährstoffarm ist sein Wasser und so sauer, dass sich außer Libellenlarven nicht viele in ihm wohlfühlen. Das Wasser, das in den See hineinfließt, stammt aus dem Bergfichtenwald. Wegen der ausgeschwemmten Huminsäuren hat der See von Natur aus eine braune Farbe und und ist fast so sauer wie die Gewässer im Moor.
1950 wurde dann das knapp 110 Quadratkilometer große Naturschutzgebiet Rachel mit Rachelsee geschaffen, das neben dem Gipfel des Rachels auch den See und die Seewand beinhaltete. Mit Schaffung des ersten Deutschen Nationalparks im Jahr 1970 wurde das Gebiet dann in den Nationalpark Bayerischer Wald integriert.
Sagen und Geheimnisse rund um den Rachelsee
Uralte Überlieferungen besagen, dass der See nach des Teufels Großmutter benannt ist, Hel oder Rachel genannt. Und somit soll der See den Rachen des Todes darstellen, in dessen dunklen Tiefen die Verdammten hausen müssen.
Eine ähnliche Legende berichtet über eine alte Burgfrau, die ihr ganzes Leben böse war und all ihren Mitmenschen das Leben schwer machte. Als sie starb, erhob sich ein ohrenbetäubender Lärm, der Himmel verdunkelte sich.
Und mit dem Sturm kam ein riesiger Schwarm Raben, der sich auf ihren Sarg senkte und dort blieb, bis sie beerdigt wurde. Ihre Seele soll die letzte gewesen sein, die in den Rachelsee gefahren ist, um dort in rotem Rock und Mieder bis in alle Ewigkeit Sühne für ihre Taten zu leisten.
Eiszeit-Lehrpfad
Zahlreiche Infotafeln am Wegesrand begleiten den Spechtweg ab dem Holzsteg über den Seebach. Hier beginnt der Eiszeitlehrpfad, der die noch sichtbaren Spuren der letzten Eiszeit, die vor etwa 10.000 Jahren zu Ende ging.
Über den Kapellensteig zur Rachelkapelle
Über den stillen See erhebt sich majestätisch der Gipfel des Rachel. An der Seewand rechts erkennt man bei klarem Wetter bereits die Rachelkapelle. Knapp 300 Meter Luftlinie sind es bis zu der hübschen kleinen Kapelle gut 140 Meter über dem Rachelsee. Sie wurde vom Spiegelauer Forstmeister auf die Reste einer früheren Kapelle gebaut.
Dass hier oben eine Kapelle steht, ist auf eine Sage zurückzuführen. In ihr heißt es, ein königlich bayerischer Forstbeamter sei bei dichtem Nebel auf dem Rachel unterwegs gewesen, als plötzlich sein Pferd scheute und keinen Schritt mehr weitergehen wollte. Der Forstbeamte stieg vom Pferd und fand bei näherer Untersuchung direkt vor seinen Füßen den Abgrund der Rachelseewand, in die er um Haaresbreite hinabgestürzt wäre. Aus Dankbarkeit für seine glückliche Rettung ließ er 1885 die Rachelkapelle errichten.
Als der Holzbau im Zweiten Weltkrieg niederbrannte, entstand kurz darauf am gleichen Ort eine neue, wiederum komplett aus Holz. Aber leider stand auch diese Kapelle unter keinem guten Stern, denn sie überdauerte nur gut 20 Jahre, bevor sie Brandstiftern zum Opfer fiel.
Die fünfte Kapelle in gleicher Gestalt kam. Um die Jahrtausendwende hatten sie die extremen Witterungsverhältnisse jedoch soweit geschädigt, dass es einer grundlegenden Sanierung bedarf. Seit dem Sommer 2000 erstrahlt sie jetzt in neuem Glanz.
Von der Racheldiensthütte zum Rachelsee
Wegbeschreibung
Ab der Racheldiensthütte führt der Rundweg mit der Markierung Specht zunächst auf einem etwas breiteren Waldweg stetig leicht bergauf. Über eine Mischung aus Wurzelwegen, bequemen Forstwegen und steinigen Steigen leiten Infotafeln am Wegesrand zum Thema Eiszeit hinauf.
Vom geschotterten Forstweg, auf den wir weiter oben treffen, ist es nicht mehr weit bis zum Rachelsee. Von hier aus solltet ihr unbedingt noch den kurzen Aufstieg zur Rachelseekapelle und eventuell zum Gipfelkreuz des Großen Rachels auf euch nehmen. Dafür lauft ihr auf dem schmalen Pfad rechts am Rachelsee vorbei und haltet euch auf dem Kapellensteig links.
Es geht auf demselben Weg wieder bergab, allerdings gehen wir den Kapellensteig diesmal weiter geradeaus hinab, bis wir kurz vor dem Rachelsee auf eine Sternkreuzung treffen. Hier biegen wir scharf links ab und folgen jetzt wieder der Markierung Specht langsam bergab, vorbei an der Felsenkanzel und dann in großem Bogen Richtung Osten zurück zur Racheldiensthütte.
Route
Höhenprofil
Details
- Start/Ziel: Parkplatz an der Racheldiensthütte (im Sommer an der Bushaltestelle Igelbus, Ecke Nationalparkstraße und Diensthüttenstraße)
- Markierung: Buntspecht (Aufstieg zur Kapelle nicht inbegriffen)
- Länge: 10,4 km
- Dauer: etwa 2,5 bis 3 Stunden
- Schwierigkeit: mittel bis anspruchsvoll (sehr langer, steiniger Anstieg, keine gefährlichen Stellen)
- für Kinderwagen/Buggy geeignet: nein
- Aufstieg: 478 m
- Abstieg: 480 m
- DOWNLOAD Karte als pdf: Buntsprechtweg-Rachelsee-Karte.pdf
- DOWNLOAD Wegbeschreibung als pdf: Beschreibung-Buntspechtweg.pdf
TOURENDATEN FÜR GPS-GERÄTE UND WANDER-APPS
So funktioniert´s: Anleitung zum Download und Importieren in eine Wander-App oder ein mobiles GPS-Gerät
Die Racheldiensthütte – mehr als nur ein altes Försterhaus
Als Mitte des 19. Jahrhunderts der Rachel erschlossen wurde, um sein Holz zu nutzen, war es für die Waldarbeiter ein langer Weg zu ihrem Arbeitsplatz. Und weil sich nicht einfach mal so zwischendurch nach Hause gehen konnten, wurden sogenannte Stützpunkte errichtet. Dabei handelte es sich um Gebäude, in denen einfache Gemeinschaftsunterkünfte und ein Aufenthaltsraum angelegt waren.
Der zuständige Forstbeamte hatte es schon etwas komfortabler. Er bekam eine Diensthütte mit kleiner Wohnung und einem Dienstraum. Die Diensthütte ist auch heute noch vorhanden, in ihr befindet sich die Information.
Es dauerte nicht lange, da wurde der Bayerische Wald als Erholungsgebiet entdeckt. Schon vor rund 100 Jahren hatte der Rachel eine ganz besondere Anziehungskraft. Und so stieg die Zahl der Wanderer ständig. Und so markierte der Bayerische Waldverein schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Wanderwege und baute außerdem hier an der Kreuzung einiger Hauptwanderwege eine Gaststätte, die auch heute noch – inzwischen aufwendig saniert – für die Ausflügler und Wanderer eine Stärkung auf etwa 875 m Höhe bereithält.
Essen und trinken in der Racheldiensthütte
Neben warmen, deftigen Gerichten wie das traditionelle Holzfällersteak oder Braten mit Klößen gibt es auch eine Auswahl an Brotzeiten, vegetarischen Speisen wie Rahmschwammerl und Käsespätzle bis hin zu hausgemachtem Apfelstrudel und vielem mehr.
Racheldiensthütte
Hüttenberg 3
94556 Riedlhütte
Öffnungszeiten
- Mai bis Ende Oktober
- 9:30 bis 18:00 Uhr
- Barrierefrei
- In der Wintersaison geschlossen
Anfahrt
Achtung: Die Racheldiensthütte ist von Mai bis Oktober nur mit dem Bus zu erreichen. Die Zufahrtsstraße ist für Pkw von 8:00 bis 18:00 Uhr gesperrt.
Mit dem Auto
Von der A3 kommend nehmt ihr die Ausfahrt 111 Grafenau/Hengersberg und haltet euch nach 500 m auf die B533 Richtung Grafenau/Deggendorf. Nach etwa 27 km biegt ihr nach links auf die B85 Richtung Regen und verlasst diese bei Eppenschlag Richtung Spiegelau. In Spiegelau verlasst ihr den Kreisverkehr an der zweiten Ausfahrt auf die Riedlhütter Straße, die nach ein paar Hundert Metern in die Nationalparkstraße übergeht. Nach etwa 5 km geht nach links eine Straße mit einer kleinen grünen Verkehrsinsel ab.
Igelbus Linie 601 zur Racheldiensthütte
Direkt am Anfang der Diensthüttenstraße, wenn ihr von der Nationalparkstraße abbiegt, liegt ein Wanderparkplatz. Die Bushaltestelle ist an der Abzweigung. Von hier aus fahren je nach Saison mindestens im Stundenrhythmus (oder auch im Halbstundentakt) die Igelbusse hinauf zur Racheldiensthütte. Einsteigen könnt ihr an verschiedenen Stationen in Gfäll (bis 30.11.2022 wg. Bauarbeiten gesperrt), Spiegelau und Riedlhütte. (Fahrplan Linie 601)
Fazit
Wir haben den Rachel bei leichtem Regen und nebligem Wetter bestiegen. Die Aussichten von der Kapelle waren deshalb vielleicht nicht ganz so spektakulär wie bei klaren Sichtverhältnissen und Sonnenschein. Trotzdem – oder vielleicht genau deshalb – hatte der neue Urwald eine ganz besondere, mystische Ausstrahlung und ist deshalb auch uneingeschränkt zu empfehlen. Bis zum Rachelsee ist der Anstieg noch recht moderat, hinauf zu Kapelle wird es schon etwas steiler. Wer noch Puste hat, sollte bis zum Gipfel aufsteigen. Die Waldschmidthaus unterhalb des Gipfels wird ab Ende 2021 generalsaniert und hat deshalb geschlossen. Wann sie wieder öffnet, das weiß wegen der momentan explodierenden Baukosten niemand so ganz genau.